Oldenburg, Kleinod an der Hunte
1. Tag
Nach der Ankunft und einem kleinen Imbiss auf dem Wochenmarkt starten wir unseren Kurztrip nach Oldenburg ganz klassisch mit einem Stadtrundgang. Der beginnt jeden Freitag um 14:00 Uhr am Oldenburger Schloss
(Stadtrundgang). Vorgebucht haben wir nicht, aber das ist kein Problem, denn wir können uns der kleinen Gruppe anschließen, die sich am Eingang zum Schlossplatz eingefunden hat. Und da wir gerade am Schloss stehen, beginnt unserer Stadtführer auch gleich hier mit seiner Führung. Ursprünglich stand hier eine Wasserburg. Auf der Rückseite des Schlosses ist auch noch ein Teil des alten Wassergrabens zu sehen. Erst Graf Anton Günther, zwischen 1603 und 1667 Landesherr und Reichsgraf von Oldenburg, ließ die mittelalterliche Burganlage in ein prunkvolles Schloss im Renaissancestil umbauen. Acht Jahre dauerte dieser Umbau und fortan diente es allen Grafen und Großherzögen der Stadt als Residenz. Heute ist es Teil des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte
(Schloss Oldenburg).
-> Schloss Oldenburg
Von hier aus gehen wir durch die Fußgängerzone. Hier wird gerade fleißig renoviert bzw. erweitert. Recht bald schon stehen wir vor dem Hotel Graf Anton Günther, eines der ältesten Häuser von Oldenburg. Das ist er wieder, der Graf, der auch schon für das Oldenburger Schloss verantwortlich war. Er lebte von 1583 bis 1667, war der letzte Graf der Oldenburger Landesdynastie und gilt auch als der politisch klügste. Als er mit gerade mal 20 Jahren die Regierungsgeschäfte von seinem verstorbenen Vater übernahm, engagierte er sich sehr stark für den Deichbau am Jadebusen und für die Erlangung des Weserzolls. Dieser Zoll brachte in manchen Jahren mehr als 100.000 Reichsthaler ein und machte Oldenburg damit zu einer nicht gerade armen Stadt. An der Fassade des Hotels, vor dem wir jetzt stehen, ist ein Wandgemälde mit dem Grafen zu sehen. Es zeigt den Pferdebegeisterten Grafen hoch zu Ross auf seinem Lieblingspferd, dem Apfelschimmel Kranich vor den Toren seines Oldenburgs.
-> Wandbild am Hotel Graf Anton Günther
Für die nächste Sehenswürdigkeit brauchen wir uns quasi nur umzudrehen. Der "Lappan", ein rechteckiger Turm, steht schräg gegenüber dem Hotel. Einst war er der Glockenturm des Heilig-Geist-Spitals. Dieses brannte bei einem Stadtbrand im Jahr 1676 vollständig ab, während der Turm das Feuer überstand. Bis 1845 stand dann das Heiligengeisttor, eines der fünf Stadttore Oldenburgs, am Lappan. Heute gilt der Turm als das älteste Wahrzeichen Oldenburgs, und dient den Einheimischen als beliebter Treffpunkt
(Lappan).
-> Der Lappan, das älteste Wahrzeichen Oldenburgs
Unser Stadtführer führt uns wieder durch die Fußgängerzone zurück Richtung Schloss. Unterwegs macht er uns auf einen kleinen Garten mitten in der Innenstadt aufmerksam. Dabei handelt es sich um einen von vielen "Stadtgärten". Dass ist eine Aktion, die seit 2004 durchgeführt wird und an der sich viele Geschäfte, aber auch Privatpersonen beteiligen. Jedes Jahr entstehen dabei mitten in der Stadt an den unterschiedlichsten Plätzen kleine Gärten. Jährlich wird ein anderes Thema vorgegeben, diesmal lautet es "10 Jahre Stadtgärten in Oldenburg und 200 Jahre Schlossgarten".
-> Stadtgarten im Nikolaiviertel, Selbstporträt
Wir gehen weiter, am Schloss vorbei bis zur Lambertikirche: Von außen ist das ein dunkles, recht unförmiges Gebäude. Umso überraschter sind wir, als wir das innere der Kirche betreten: Ein großes, helles Rund, mit einem "großes Lichtkreuz" genannten Kreuz des Künstlers Ludger Hinses, der fast bei mir um die Ecke aus Recklinghausen stammt. Das vollkommen transparente Kreuz hängt von der Mitte der Kuppeldecke hinab, spiegelt das Licht und wechselt dadurch quasi ständig sein Aussehen. Ein absoluter Blickfang in dieser wirklich bemerkenswerten Kirche. In dem kleinem Vorraum der Kirche geht es wieder um Graf Anton Günther: Hier stehen die Sarkophage von ihm und von seiner Gemahlin Sophia Catherina.
-> Die Lambertikirche: von aussen ...
-> ... und von innen.
-> Sarkophage von Graf Anton Günther und seiner Gemahlin Sophia Catherina
Wir verlassen die Kirche und stehen fast direkt vor dem Rathaus der Stadt. Besser gesagt, dem alten Rathaus. Es ist insofern auffällig, als das es dreieckig gebaut ist. 1888 ist es entstanden und war eigentlich sofort zu klein. Trotzdem dauerte es fast 100 Jahre, bis Oldenburg ein Neues Rathaus bekam. Dieses entstand am Pferdemarkt und wurde 1984 bezogen. Das alte jedoch ist auch heute noch Sitz des Oberbürgermeisters. Und das dort installierte Glockenspiel ist täglich gleich vier Mal zu hören: Um 11, 14, 17 und 19 Uhr.
-> Das alte, dreieckige Rathaus
Auch für die nächste Sehenswürdigkeit brauchen wir nicht weit zu gehen. Direkt gegenüber dem alten Rathaus steht das Degode Haus, eines der ältesten noch erhaltenen Bauwerke der Stadt. Es stammt aus dem Jahr 1502 und ist nach dem Kaufmann Wilhelm Degode benannt, der es 1860 erwarb. Heute haben hier ein Optiker und ein Schuhhaus ihre Verkaufsräume. Unser Stadtführer empfiehlt uns, mal einen Blick hinein zu werfen. Innen ist ein großes Deckengemälde aus dem Jahr 1645 zu bewundern.
(Degodehaus)
-> Das Degode Haus
Wir gehen weiter, vorbei an dem Staatstheater Oldenburg aus dem Jahre 1893 bis zum Pulverturm. Dieser war Teil der ehemaligen Stadtbefestigung Oldenburgs. Seinen Namen hat der 1529 errichtete Turm daher, weil seinerzeit tatsächlich Pulver in ihm gelagert wurde. Als die Stadtbefestigung rund 200 Jahre nach ihrer Errichtung wieder abgerissen wurde, blieb der Turm nur deshalb erhalten, da in ihm Eis für die Speisen aus der Hofküche eingelagert wurde. Doch das ist alles lange her. Heute ist der Turm mehr einen Sehenswürdigkeit für Touristen. Aber des öfteren finden hier auch Kunstausstellungen statt.
-> Der Pulverturm, Teil der ehemaligen Stadtbefestigung
Unser Reiseführer begleitet uns noch zurück bis zum Schloss, an dem die Führung dann leider endet. Unterwegs macht er uns aber noch auf einige besondere Gullideckel aufmerksam. Darauf ist ein skizzierter Stadtplan abgebildet, und ein roter Punkt zeigt jeweils den eigenen, aktuellen Standort an. So kann sich hier kein Tourist verlaufen :o)
-> Navigation ohne Navi :o)
Nach dem Dank an unserem Reiseführer für diesen interessanten und abwechslungsreichen Rundgang sehen wir uns die Lambertikirche noch einmal genauer an. Der Kontrast zwischen der düster wirkenden Außenansicht und der hellen Innengestaltung ist einfach nur verblüffend. Erbaut wurde sie vermutlich zwischen 1155 und 1234. Namensgeber war seinerzeit der Bischof von Maastricht, der Heilige Lambertus. In den folgenden Jahrhunderten erfolgten mehrere Umbauten und Restaurationen, bis die Kirche ihr heutiges Aussehen erhalten hat. Und mit seinen 86 Metern ist der höchste der fünf Kirchtürme gleichzeitig auch das höchste Bauwerk Oldenburgs.
Nach dem vielen Eindrücken, die wir heute bekommen haben, lassen wir den Tag mit einem guten Essen ausklingen. Und schmieden dabei fleißig Pläne für den morgigen Tag...
2. Tag
Heute ist zunächst bummeln angesagt. Wir schlendern durch die älteste flächendeckende Fußgängerzone in Deutschland. Damit wirbt jedenfalls die Stadt Oldenburg auf ihrer Internetseite. Sie wurde 1967 eingerichtet. Zu dieser Zeit gab es in anderen Städten lediglich einzelne autofreie Straßen. Hier stehen nicht nur neue und moderne Einkaufstempel, sondern auch historische Gebäude. Und besonders ein Blick in die kleinen Gassen lohnt sich. Dort finden sich viele kleine, inhabergeführter Geschäfte. Auch die eine oder andere Lebensweisheit lässt sich hier entdecken. Und natürlich ein recht großes gastronomisches Angebot.
-> Einmal Schmackofatz bitte ...
-> Was es hier wohl zu kaufen gibt?
-> Geschäfte in der Innenstadt
-> Seitenstrasse mit kleinen Geschäften zum stöbern
-> Lebensweisheit inklusive
Nachdem wir genug vom schlendern haben, starten wir zur Entdeckungstour durch den Schlossgarten. Dieser befindet sich, wie der Name schon sagt, in der Nähe des Schlosses. Allerdings müssen wir dabei eine Straße überqueren, die Schloss und Garten trennt. Der Eintritt in diese ca. 16 Hektar große, im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegte Parkanlage ist frei. Das mag ein Grund dafür sein, dass der Park bei den Oldenburger Bürgern so beliebt ist. Ein anderer sind wohl die uralten Bäume, die weiträumigen Wiesen und auch mehrere Wasserläufe, die den Park durchziehen. Ein Winterhaus bietet exotischen Pflanzen sowie einem Aquarium Platz. Und in dem sehr gemütlichen und wirklich empfehlenswerten kleinen Teehaus kann der Besucher sich mit hausgemachten Kuchen eine Pause gönnen.
-> Im Schlossgarten
-> Im Schlossgarten
-> Schlossgarten: Aquarium im Winterhaus
-> Mammutbaum im Schlossgarten
Im Jahr 2008 feierte der Schlossgarten seinen 200. Geburtstag. Zum Glück haben die Oldenburger das nicht zum Anlass genommen, große Eingriffe an den Garten vorzunehmen. So präsentiert er sich größtenteils noch genau so, wie Herzog Peter Friederich Ludwig, langjähriger Regent und Großherzog von Oldenburg, ihn Ende des 18. Jahrhunderts angelegt hat.
Wir gehen zurück in die Innenstadt, und gönnen uns eine kleine Pause. Anschließend fahren wir mit dem Bus zum Hörgarten. Dieser liegt am Haus des Hörens, dem Zentrum für die Oldenburger Hörforschung. Auf einer Art Parcours werden hier verschiedene Exponate rund um das Thema Ohr vorgestellt. Sie haben so klingende Namen wie Windharfe, Flüsterspiegel oder Hörthron und können alle ausgiebig getestet werden. Mit dem Infoterminal sind es zehn Stationen und wir probieren eine nach der anderen aus. Die Ergebnisse sind teilweise wirklich verblüffend. Ich kann den Besuch dieser Anlage nur empfehlen. Sie ist täglich von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet und der Eintritt ist frei
(Hörgarten)
-> Hörgarten: Infotafel
-> Hörgarten: Die Anlage
-> Hörgarten: Der Flüsterspiegel
-> Hörgarten: Der Hörthron
Der Tag war lang und abwechslungsreich und so gönnen wir uns ein leckeres Abendessen. Morgen ist unser letzter Tag hier in der mit knapp 160.000 Einwohnern drittgrößte Stadt des Landes Niedersachsen.
3. Tag
Am Morgen gehen wir zu Fuß Richtung Innenstadt. Mehr durch Zufall stoßen wir dabei auf einen Friedhof. Unser Stadtplan weist ihn als "Gertrudenfriedhof" aus. Hier finden sich uralte Gräber, manche fast komplett überwuchert von Pflanzen, die Inschriften auf den Grabsteinen teilweise schon verblasst. Vor einem Grabstein bleibe ich etwas länger stehen: "Die Liebe steht am Grab und weint", so beginnt der Text, den wir mühsam entziffern können. Poetischer kann man seine Gefühle wohl nicht ausdrücken. Bleibt zu hoffen, dass der/die so Geliebte auch bereits zu Lebzeiten von diesem Liebesglück wusste, es also nicht ein (zu) spätes Geständnis war ...
Am Ende des Friedhofs wartet dann eine schlichte Kapelle auf uns. Leider ist sie verschlossen, aber zu Hause lese ich, dass sie bereits Mitte des 12. Jahrhunderts gebaut wurde. Und auch, dass auf diesem Friedhof ursprünglich die Toten begraben wurden, die an ansteckenden Krankheiten litten. Somit hatte man damals diese Menschen außerhalb des Ortskerns verbannt. Erst ab dem 17. Jahrhundert ließen sich auch Bürger der Stadt hier begraben, um fernab des städtischen Trubels ihre letzte Ruhe zu finden. Ende des 18. Jahrhunderts schließlich wurde der Friedhof dann endgültig von der Lambertikirche zum Gertrudenfriedhof verlegt. Daher findet man hier auch die Gräber einiger bekannten Persönlichkeiten. So etwa das des Mediziners Dr. Wilhelm Schüßler, dem wir die "Schüßlers Salze" verdanken. Und auch der Künstlers Horst Janssen, ein auch über die deutsche Grenze hinaus bekannter Oldenburger Zeichner und Grafiker, hat hier seine letzte Ruhe gefunden.
Ich tue mich sehr schwer damit, auf einem Friedhof zu fotografieren, daher gibt es vom Gertrudenfriedhof hier keine Bilder. Aber ich kann jedem, der Oldenburg besucht, nur empfehlen, sich die Zeit zu nehmen, und hier einmal in Muße durch die Wege zu schlendern.
Wir gehen weiter bis zum "Lappan" und nehmen ab dort den Bus zum Botanischen Garten.
"Schon wieder ein Garten..." mag manch einer nun denken, nachdem hier schon von den "Stadtgärten" und dem "Schlossgarten" berichtet wurde. Ach ja, und einen "Hörgarten" haben wir ja auch schon besucht. Aber der botanische Garten ist wirklich sehenswert. Er zeigt rund 7.000 verschiedene Pflanzenarten aus der Region und auch aus fremdländischen Gegenden. Er wird betreut und gepflegt von Studenten der Carl von Ossietzky Universität hier in Oldenburg. Zu besuchen ist allerdings nur der öffentliche Bereich. Darüber hinaus gibt es auch noch ein Areal, in dem sich die Studenten und auch Auszubildenden mit der Anzucht und Erforschung von Pflanzen beschäftigen, und der für die Allgemeinheit nicht zugänglich ist.
-> Im Botanischen Garten
Wir schlendern durch den Garten, und entdecken neben vielen Pflanzenarten auch einige Tiere. Insbesondere Vögel sind hier zu sehen, größtenteils in Volieren, aber auch einige frei umherfliegende Störche haben wir gesehen. Die gute Beschilderung an den einzelnen Standorten macht das Identifizieren zumeist leicht. Allerdings fällt auf, dass es doch ein paar "ungepflegte" Stellen hier im Garten gibt. Ob das wohl Absicht ist? Jedenfalls scheint es hin und wieder, als ob hier dringend Hand angelegt werden muss. Dafür wird aber auch Bezug genommen zu aktuellen Gartenthemen. So finden wir ein Hobbithaus mit Garten, das direkt aus dem Buch "Der Herr der Ring" entsprungen zu sein scheint. Und auch einige Kunstobjekte haben sich hierher verirrt.
-> Frodo ist wohl gerade in Sachen "Ring" unterwegs ...
-> Sieht so aus, als müßte mal wieder Hand angelegt werden...
-> Teichimpression
Unser Fazit nach gut zwei Stunden Aufenthalt: Wirklich sehenswert. Und das finden wohl auch die vielen zehntausend Besucher, die pro Jahr hierher kommen, um durch den Garten zu schlendern. Diese Zahl finde ich zumindest auf der Webseite der Carl von Ossietzky Universität, die ich zu Hause besuche. Heute allerdings habe ich von so vielen Menschen nichts bemerkt. Aber vielleicht ist einfach nur das Wetter zu unbeständig.
Mit dem Besuch des botanischen Gartens endet nun auch unsere Zeit in Oldenburg. Leider, denn es war abwechslungsreicher und kurzweiliger Aufenthalt gewesen. Oldenburg ist keine Stadt mit DER Attraktion schlechthin, wie zum Beispiel Köln mit seinem Dom. Es sind die vielen kleinen Dinge, die den Ort an der Hunte besuchenswert machen.
-> Time to say goodby: Am Bahnhof von Oldenburg