2.085 Kilometer Schottland
Tag 1:
Jetzt stehe ich hier also gemeinsam mit Johannes und Markus an der englisch / schottischen Grenze. Ich bin zum dritten Mal hier. Der Mann im Kilt mit dem Dudelsack ist auch wieder da, der Kombi mit den Souvenirs ebenso, genau wie der kleine Foodtruck. Und auch ER steht immer noch an der gleichen Stelle: Der große, braune Stein mit der Aufschrift "Scotland".
An der 'Scottish Border'
An der 'Scottish Border'
Auf der Rückseite des Steines steht übrigens "England". Ob das allerdings auch schon jemand fotografiert hat, kann ich nicht sagen.
Nach den obligatorischen Fotos setzen wir uns wieder auf die Mopeds. Ich stelle noch den Tageskilometerzähler auf „Null“. Mal sehen, wie viele Kilometer wir hier in Schottland unter die Räder nehmen werden. Dann starten wir hinein in "
the land of the brave", wie die Schotten ihre Heimat gerne bezeichnen.
Wir sind ein wenig in Eile. Um 18:00 Uhr fährt unsere Fähre von Oban hinüber nach Craignure auf der Insel Mull. Spätestens 30 Minuten vorher müssen wir am Hafen sein. Da heute Morgen die Einreise nach Newcastle/England länger gedauert hat als gedacht, fahren wir nun der verlorenen Zeit hinterher. Pausen oder sogar Besichtigungen sind nicht drin. Lediglich einen kurzen Tankstopp legen wir ein und erreichen Oban dann gerade noch rechtzeitig.
Wir erreichen Oban zeitgleich mit der Fähre nach Mull
Eine knappe Stunde dauert die Überfahrt. Zeit genug also für einen Imbiss in dem kleinen Bordrestaurant. Anschließend setzen wir uns an Deck und freuen uns über das schöne Wetter. Und auch die Aussicht, die wir hier haben, ist wirklich schön. So vergeht die Überfahrt auf die Insel Mull recht schnell.
Überfahrt auf die Insel Mull
Überfahrt auf die Insel Mull
Wir erreichen Craignure und machen uns von hier aus direkt auf den Weg nach Tobermory, unserem heutigem Ziel. Knapp 1.000 der rund 2.800 Einwohner der Insel Mull leben hier und somit gilt der Ort als der Hauptort der Insel. Viel los ist nicht auf dem Weg dorthin und wir kommen gut voran. Rund 40 Minuten später erreichen wir unsere Unterkunft, die mitten im Ort gelegen ist. Das einchecken geht schnell und problemlos. Nach den vielen Stunden auf dem Motorrad freuen wir uns, zum Abschluss der Tages noch ein wenig durch den Ort zu laufen. Der ist nicht besonders groß und auch viel los ist hier nicht wirklich. Einige Geschäfte, Restaurants, Cafés, ein Supemarkt, das war es auch schon. Einen reinen Pub finden wir leider nicht, daher setzen wir uns auf die Hafenmauer und schauen hinaus auf das Meer.
Der Hafen von Tobermory
Der Hafen von Tobermory
Heute waren wir ein wenig im Zeitdruck, aber Morgen soll das anders werden. Wir bleiben hier auf Mull, möchten die Insel erkunden und einige Single-Track-Roads fahren. Und dass bitte möglichst entspannt.
Tag 2:
Ein Blick aus dem Fenster zeigt, dass es regnet. Und ein weiterer Blick auf die Wetter-App bringt die Gewissheit, dass es heute Vormittag auch so bleiben wird. Motorradfahren macht da nicht wirklich Spaß, also was tun? Kurzentschlossen ziehen wir unsere Regenjacken an und machen uns auf zu einem gut zwei Kilometer langen Spaziergang. Ziel ist der Leuchtturm von Tobermory, der nördlich der Stadt etwas außerhalb des Ortes steht.
Start ist direkt am kleinen Fähranleger von Tobermory. Von hier aus fahren die Schiffe hinüber auf das Festland, nach Kilchoan und nach Drimnim. Und von hier führt auch ein kleiner Weg links ab in den Wald. Verlaufen kann man sich eigentlich nicht, denn der Abzweig ist ausgeschildert und man muss nur dem einzig vorhandenen Weg folgen, der sich in vielen Windungen und Auf- und Abs an der Küste entlang schlängelt.
Auf dem Weg zum Leuchtturm von Tobermory
Nach rund zwei Kilometern kann man den Leuchtturm das erste Mal zwischen den Blättern der Bäume erkennen. Wenig später stehen wir dann vor ihm. Der Turm wirkt nicht besonders spektakulär. Er kann auch leider nicht bestiegen werde. Trotzdem ärgern wir uns nicht, dass wir uns hierher auf den Weg gemacht haben. Ein wenig Bewegung nach dem gestrigen Tag war gut.
Der Leuchtturm von Tobermory
Der Leuchtturm von Tobermory
Die Regenwolken haben sich mittlerweile größtenteils verzogen, so dass wir uns optimistisch auf dem Rückweg machen. In Tobermory angekommen, werfen wir noch einen Blick in das Visitor Centre der Tobermory- Destillerie. Recht klein ist das hier, aber der Laden ist gut besucht und die Mitarbeiter sind recht freundlich. Auch eine Führung mit Verköstigung wird angeboten, aber daran haben wir heute kein Interesse. Wir wollen uns nur ein wenig umsehen.
Die Whisky-Destillerie in Tobermory
Die Whisky-Destillerie in Tobermory
Die Whisky-Destillerie in Tobermory
Der Himmel ist zwar noch überwiegend grau, aber der Regen hat mittlerweile aufgehört. Uns zieht es jetzt raus auf die Straße zu einer kleinen Tour quer über die Insel. Wir starten unsere Motorräder und fahren zunächst ein Stück querfeldein Richtung Westen. Recht schnell sind wir auf Single-Track-Roads unterwegs, aber heute ist so gut wie kein Verkehr auf den Straßen. Das ist auch gut so, denn immer wieder schweifen die Blicke ab von der Straße hinaus auf die abwechslungsreiche und sehenswerte Landschaft. Als wir Loch Peallach erreichen, machen wir einen kurzen Fotostopp. Der See wurde mit den beiden Nachbarseen Loch Meadhoin und Loch Carnain miteinander verbunden, indem jeweils die Wasserspiegel angehoben wurden. Seitdem werden sie die „Mishnish Lochs“ genannt und sind für den Naturschutz von hoher Bedeutung.
Blick auf Loch Peallach
Wir fahren weiter und biegen kurz hinter den Mishnish Lochs links ab Richtung Süden. Die Straße ist weiterhin ein Single-Track und schlängelt sich in vielen Windung durch die Landschaft. Am Ende der Straße biegen wir links ab und erreichen bald darauf die Westküste von Mull. Hier folgen wir der Küstenstraße, die häufig fast direkt am Wasser entlang führt, meist nur durch eine kleine Steinmauer oder einem schmalen Grünstreifen vom Ufer getrennt.
Unterwegs auf Single-Track-Roads
An der Westküste von Mull
An der Westküste von Mull
Die Landschaft ist wirklich sehr schön. Leider haben wir kein Glück mit dem Wetter. Es bleibt grau und dunkel, immer wieder gibt es kleine Regenschauer. „Typisch schottisch halt“, werden jetzt wohl viele denken. Aber wir haben hier in Schottland auch schon richtig schönes Wetter gehabt. Und ganz ehrlich: Selbst bei diesem Wetter ist die Landschaft hier ein richtiger Hingucker. Allerdings gibt es hier auch das eine oder andere kleine "Hinderniss", an das wir irgendwie vorbei kommen müssen.
Der tut nix, der will nur fressen...
An der Westküste von Mull
An der Westküste von Mull
Die Straße führt uns weiter an der Küste entlang. Wir kommen durch den kleinen Ort Killiemor und haben einen schönen Blick hinüber auf die kleine Insel Eorsa. Dann verlassen wir die Küste, fahren wieder querfeldein und erreichen schließlich die Ortschaft Salen an der Ostküste von Mull. Ab hier drehen wir nordwärts und haben nach einer entspannten Fahrt entlang der Küste recht bald unseren Ausgangspunkt Tobermory erreicht.
Am Abend bestellen wir uns Fish & Chips. Und haben Glück, dass gerade da ein heftiger Platzregen niedergeht. Die Kanalisation kann die Wassermassen kaum aufnehmen und Bürgersteig und Straße stehen kurzfristig unter Wasser. Wir sind wirklich froh, dass wir bei diesem Wetter nicht auf den Motorrädern sitzen. Nach dem Essen zeigt sich zum Glück schon wieder die Sonne und auch das Wasser ist recht schnell abgeflossen. Wir machen noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort und die bunte Häuserzeile von Tobermory gibt ein schönes Motiv, fast schon eine Postkartenidylle.
Häuserzeile in Tobermory
Morgen verlassen wir Mull, fahren mit der Fähre von Tobermory nach Kilchoan zurück auf das Festland und von dort Richtung Isle of Skye. Und das bitte bei trockenem Wetter.
Tag 3:
So wirklich gut meint es der Wettergott leider auch heute nicht mit uns. Der Himmel ist grau, von Sonne keine Spur und immer wieder gibt es kleinere Regenschauer. Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen, ziehen die Regenkombis an und rollen mit den Mopeds die wenigen Meter bis zum Fähranleger. Viel los ist hier nicht. Außer uns sind es vier PKWs, die den Weg hinüber auf das Festland antreten wollen Für die Jungs von der Fähre ist es die erste Tour des Tages und sie haben erkennbar keine Eile. In aller Seelenruhe werden die wenigen Fahrzeuge auf das Deck verteilt und mit gut zehn Minuten Verspätung legen wir dann ab. Die Fahrt dauert nur eine gute halbe Stunde und die verbringen wir überwiegen draußen an Deck.
Warten auf die Fähre: Am Hafen von Tobermory
Auf der Fähre von Tobermory nach Kilchoan
Als wir unser Ziel Kilchoan erreichen, sind wir zwar wieder auf dem schottischen Festland, dass Wetter ist aber leider immer noch sehr wechselhaft. Wir rollen im trübem grau über die Straße, die sich überwiegend recht schmal durch die grüne Landschaft zieht. Die gute Laune fördert das nicht wirklich. Als wir nach gut einer Stunde Fahrt in der Nähe von Acharacle am Straßenrand eine Bäckerei entdecken, entschließen wir uns zu einer Pause. Wir setzen uns unter einem großen Sonnenschirm, der nun als Regenschirm seinen Dienst tut. Bei noch warmen Scones mit Butter und Marmelade sowie einem Heißgetränk sieht die Welt dann doch gleich viel freundlicher aus.
Pause unterm Regenschirm
Unsere Fahrt geht weiter und wir halten uns ganz grob Richtung Norden. Landschaftlich ist das wirklich sehr schön hier. Die immer wieder einsetzenden, zum Glück nur kurzen Regenschauer erklären allerdings auch, warum hier alles so grün ist. Geografisch gesehen sind wir nun bereits in den „Northwest Highlands“ unterwegs, wenn auch noch im südlichen Teil. Auf den Straßen ist wenig Verkehr, selbst wenn wir durch kleine Ortschaften rollen.
Trotz des nicht gerade schönen Wetters wollen wir einen Stopp am bekannten Glenfinnan Viadukt machen. Diese Eisenbahnbrücke ist durch die Harry-Potter-Filme mittlerweile zu einer recht großen Berühmtheit geworden. Als wir den Parkplatz erreichen, sind wir allerdings unangenehm überrascht. Richtig voll ist es hier und da passend dazu auch der Himmel wieder seine Schleusen öffnet, fahren wir einfach weiter. Die Pause holen wir wenige Kilometer später auf einem anderen kleinen Parkplatz nach. Hier haben wir zwar keine Aussicht auf die Eisenbahnbrücke, aber der Blick ist trotzdem schön. Der Himmel ist immer noch voller Wolken, aber zumindest der Regen hat mittlerweile wieder aufgehört.
Schöne Aussicht trotz trüben Wetter
Wir fahren weiter bis Fort William, wo es richtig voll ist. Zum Glück müssen wir nicht quer durch die Stadt, sondern biegen kurz vor dem Zentrum links ab Richtung Norden. Recht bald wird es wieder ruhiger auf der Straße und wir steuern unseren nächsten Halt an: Eileen Donan Castle, besser bekannt als das Highlander-Schloss. Das haben wir zwar schon einmal besucht, aber wenn wir schon daran vorbeifahren, wollen wir doch einen kleinen Fotostopp machen. Auch hier ist es wie beim Glenfinnan Viadukt wieder sehr voll, aber zumindest regnet es nicht. Neu ist für uns, dass es hier Parkplatzwächter gibt. Die dirigieren uns nach rechts, wo wir zwischen einigen Häusern nur wenig Platz haben und auch keine besonders schönen Blick auf das Schloss. Aber egal, wir machen unsere Fotos, trinken einen Tee aus der mitgebrachten Thermoskanne, dann sitzen wir auf und fahren weiter.
Kurze Rast am Highlanderschloss
Kurze Rast am Highlanderschloss
Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zu unserem heutigen Ziel. Schon nach wenigen Kilometern kommt auf der linken Seite die Skye Bridge in Sicht. Von einem kleinen Parkplatz aus haben wir einen guten Blick auf den Ort Kyle of Lochalsh mit seinem kleinen Hafen. Im Hintergrund die Brücke, die wir bald darauf erreichen und über die wir dann hinüber auf die Isle of Skye fahren.
Kyle of Lochalsh mit Hafen und Skye-Bridge
Auf Skye fahren wir direkt hinter der Brücke dann links ab und erreichen nach wenigen Minuten das kleine Örtchen Kyleakin. Die Unterkunft, die wir hier gebucht haben, ist nicht schwer zu finden. Einchecken und ausgehfein machen sind schnell erledigt. Dann gehen wir zu Fuß zu einem ganz in der Nähe liegenden Pub. Der Laden ist voll, viele Einheimische scheinen hier zu sein, was wir als gutes Zeichen werten. Und tatsächlich bekommen wir neben einem kühlen Bier auch etwas Gutes zu essen. Satt und zufrieden spazieren wir anschließend noch etwas am Strand entlang. Es ist fast Juni und die Sonne steht auch zu etwas späterer Stunde noch am Himmel. Mit der Skye-Brücke im Hintergrund ist das ein wirklich schönes Motiv.
Abendstimmung auf Skye
Etwas weniger Regen hätte es heute gerne sein dürfen. Aber für Morgen ist besseres Wetter angesagt. Trocken soll es bleiben und im Laufe des Tages soll sich sogar die Sonne blicken lassen. Da hätten wir nun wirklich nichts dagegen, denn Morgen wollen wir unter anderem den „Bealach na Ba“-Pass fahren, auch und wohl besser bekannt als die „Road to Applecross“. Und darauf bin ich wirklich schon richtig gespannt.
Tag 4:
Heute Morgen ist es ... nun ja, es ist zumindest trocken. Von der erhofften Sonne ist allerdings leider nichts zu sehen. Aber zumindest beim Frühstück geht es bunt her. Die Besitzer haben offensichtlich ein sonniges Gemüt.
Gute-Laune-Frühstück
Beim Ausschecken unterhalte ich mich noch kurz mit dem Besitzer des Hostels. Er fährt auch Motorrad, allerdings
"leider viel zu selten" wie er sagt. Immerhin verspricht er, dass das Wetter im Laufe des Tages besser werden soll. Und so beladen wir unsere Maschinen und starten hoffnungsvoll in den Fahrtag.
Zunächst verlassen wir die Insel Skye wieder über die Brücke. In Kyle of Lochalsh biegen wir links ab Richtung Plockton und folgen dann einfach der Straße. Die führt zunächst an der Küste entlang, dreht dann in das Landesinnere und windet sich entspannt schlängelt durch die Landschaft. Kurz hinter Achmore biegen wir dann links ab auf die A890. Richtung Norden führt uns nun der Weg. Das Meer hat sich hier tief in die Landschaft eingegraben, fast wie ein Fjord. Es ist wirklich schade, dass die Sonne nicht scheint, dann wäre das ganze hier bestimmt noch schöner anzuschauen.
Die A890 endet und wir erreichen die A896. Hier biegen wir links ab. Zunächst fahre wir weiter an der Küste entlang, bis die Straße in das Landesinnere dreht. Und dann, ungefähr eine Stunde nach unserem Start auf Skye und kurz vor Tornapress, zweigt links die "Road to Applecross" ab. Diese "Straße nach Applecross" gibt es erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Bis dahin konnte der Ort nur mit dem Boot erreicht werden. Nach wenigen Metern machen wir den ersten Halt. Bereits jetzt ist der Ausblick bemerkenswert.
Unterwegs auf dem "Bealach na Ba"
Weiter geht unsere Fahrt. Zum Glück ist heute nicht allzu viel los hier. Und die wenigen, die auf der Straße sind, scheinen den Weg zu genießen. So wie auch wir. Ganz entspannt fahren wir Kurve auf Kurve und nehmen die Steigungen, die bis zu zwanzig Prozent betragen. Der höchste Punkt auf der Passstraße liegt bei 626 Metern. Damit gilt der "Bealach na Ba" als eine der höchstgelegenen und steilsten Straßen Schottlands.
Und bietet dabei immer wieder sehr sehenswerte Ausblicke.
Unterwegs auf dem "Bealach na Ba"
Unterwegs auf dem "Bealach na Ba"
Unterwegs auf dem "Bealach na Ba"
Alles hat ein Ende. Und das Ende des "Bealach na Ba" kommt leider viel zu schnell. Nach knapp 18 Kilometern erreichen wir den Ort und damit das Ende der "Road to Applecross". Den gleichen Weg zurückfahren wäre durchaus eine Option. Wir aber entscheiden uns, den Abzweig nach rechts zu folgen und somit an der Küste entlang Richtung Norden zu fahren. Auch diese Strecke hat ihren Reiz. Die karge, vegetationsarme Landschaft auf unserer rechten Seite, das weite Meer auf unserer linken, so fahren wir über die Single Track Road. Es herrscht so gut wie kein Verkehr und die wenigen uns entgegenkommenden Autos machen an den Ausweichpunkten bereitwillig Platz für uns. Immer wieder finden sich Hinweisschilder auf B&B’s am Rande des Weges. Die meisten sind allerdings belegt und ich frage mich durchaus, warum jemand hier in der absoluten Einöde übernachtet. Seine Ruhe hat man hier aber auf jeden Fall.
In einem kleinen Ort namens Shieldaig machen wir eine Rast in „Nanny’s Café“. Hier in Shieldaig ist ein wenig mehr los. Es gibt verschiedene Gasthäuser und Unterkünfte, dazu noch ein Campingplatz. Der Ort ist Ausgangspunkt für verschiedene Outdooraktivitäten wie wandern oder kanufahren. Unsere „Outdooraktivität“ besteht hier allerdings lediglich darin, dass wir unseren Cappuccino draußen auf der Terrasse vor dem Café trinken. Das Wetter lädt mittlerweile dazu ein und wir nehmen das gerne an.
Pause in Shieldaig
Gut gestärkt verlassen wir Shieldaig und folgen weiter der Straße. Bei Gorstan biegen wir links ab und fahren auf der A835 Richtung Ullapool. Bald sind wir dann auf der „North Coast 500“ unterwegs. Diese Touristen-Route führt durch die Highlands und verbindet auf etwas über 500 Meilen länge die Küsten und die Sehenswürdigkeiten im Norden von Schottland. In den nächsten Tagen werden wir überwiegend auf dieser Route unterwegs sein. Die Straßen gibt es schon lange, lediglich der Name „North Coast 500“ ist neu und soll diese Region noch bekannter machen.
Unterwegs auf der „North Coast 500“
Egal, ob nun „North Coast 500“ oder nicht – es macht auf jeden Fall großen Spaß, hier mit dem Motorrad entlang zu fahren. Und das auf überwiegend richtig guten Straßen. Es herrscht nur wenig Verkehr und die Fahrt führt durch eine abwechslungsreich Landschaft. Die Straße verläuft durch kleine Wälder, entlang von Seen, zwischen kleinen Bergen hindurch oder über sie hinweg. Und auch die Aussichten sind immer wieder einen Stopp und ein Foto wert.
Aussicht am „North Coast 500“
Die letzten Meilen bis Ullapool fahren wir am nördlichen Ufer des Loch Broom entlang. Ullapool wurde ursprünglich als Fischerhafen gegründet. Heute ist er mehr als Fährhafen zu den äußeren Hebriden bekannt. Und als letzter größerer Ort, bevor es in die Einsamkeit der nördlichen Highlands geht. Wir entdecken eine Parklücke, direkt zwischen dem Meer und einem Hotel und machen eine kleine Teepause.
Pause in Ullapool zwischen Hotel...
... und Meer
Von Ullapool aus sind es noch etwas über 100 Kilometer bis zu unserem heutigen Ziel, dem Städtchen Durness an der nord-west Küste. Hundert Kilometer klingt nicht viel, aber hier in den Highlands mit seinen Single-Tracks sollte man ruhig zwei Stunden dafür einplanen. Und je nachdem, wie viele Wohnmobile vor einem herfahren, auch schon mal mehr. Außerdem gibt es unterwegs auch immer wieder die Aussichtspunkte, die zu einem Halt einladen. So wie hier am Assynt-Viewpoint, direkt an der A894.
Aussichtspunkt auf dem Weg nach Norden
Wir erreichen Durness mit seinen etwa 400 Einwohnern. Bekannt und beliebt ist der Ort insbesondere bei Campern, denn der Campingplatz liegt recht spektakulär direkt an der Steilküste. Aber auch eine Jugendherberge gibt es hier und genau dort haben wir uns einquartiert. Nach dem einchecken machen wir uns zu Fuß auf zu der anderen Attraktion von Durness, einer Höhle mit Namen „Smoo Cave“. Ein Fluss stürzt hier durch ein Loch in der Höhlendecke hinab und ist als unterirdischer Wasserfall zu bewundern. Die Höhle ist leicht zugänglich, denn der Eingang ist recht groß. Ich habe mich im Vorfeld schon sehr auf dieses Naturschauspiel gefreut, doch leider führt der Fluss „Allt Smoo“, der normalerweise in die Höhle stürzt, momentan kein Wasser. So tropft es nur ein wenig von oben herab und der eigentliche Reiz, diese kleine Höhle zu besuchen, fehlt. Zumindest bei mir.
Abstieg zum Eingang der Smoo Cave
Eingang zur Höhle
Leichtes tröpfeln statt rauschendem Wasserfall
Blick von der Küste auf den Höhleneingang
Nachdem wir „Smoo Cave“ wieder verlassen haben, spazieren wir noch ein wenig an der Küste entlang. Anschließend gehen wir in einen Pub, der zu einem Hotel gehört. Hier bekommen wir etwas zu essen und zu trinken und machen uns anschließend zufrieden auf den Weg zurück zu unserer Unterkunft.
Aussicht auf das Meer
Heute war ein guter Tag, ohne Regen, mit schönen Straßen und immer wieder herrlichen Aussichten. Morgen folgen wir weiter dem NC 500 zunächst Richtung Osten, bevor wir nach Süden drehen und die Highland-Hauptstadt Inverness besuchen.
Tag 5:
Heute Morgen lacht die Sonne. Und somit fällt auch das Aufstehen relativ leicht. Trotzdem sind wir anscheinend spät dran. Als wir in den Frühstücksraum gehen, macht sich die Gruppe holländischer Radfahrer, die gestern Abend gemeinsam mit uns hier angekommen sind, bereits auf den Weg. Gut für uns, denn so ist es hier nicht zu voll und es wird ein ruhiges und entspanntes Frühstück.
Aber auch uns lockt das gute Wetter natürlich raus auf die Straße. Also heißt es bald darauf Sachen packen, Mopeds beladen, Helm auf und los!
Wir fahren an der Küste entlang Richtung Osten. Es herrscht wenig Verkehr auf den Single-Track-Roads und wir kommen gut voran. Nur der Fahrer eines holländischen Wohnmobils braucht ein wenig länger, bis er merkt, dass drei Motorradfahrer hinter ihm sind. Und so rollen wir eine ganze Weile gemächlich hinter ihm her, bis er uns an einem der Passing-Places endlich vorbei lässt. Wir nehmen es entspannt, schließlich sind wir im Urlaub und niemand ist verpflichtet, anderen Fahrzeugen die Vorfahrt zu lassen. Und außerdem sind hier die Aussichten auch einfach zu schön, als dass jemand ständig in den Rückspiegel schaut.
Unterwegs auf dem NC500
Während wir auf dem „North Coast 500“ an der Küste entlang immer weiter Richtung Osten fahren, nimmt leider auch die Bewölkung zu. Und so mischen sich die immer noch schönen Aussichten mit prüfenden Blicken zum Himmel. Aus dem satten blau mit einzelnen Schäfchenwolken werden mehr und mehr dunkle Regenwolken, die sich vor uns aufbauen. Faszinierend anzusehen ist das durchaus, aber leider wird es wohl bald vorbei sein mit dem entspannten Fahren auf trockener Straße.
Diese beiden interessiert das Wetter nicht
Da braut sich was zusammen
Eine knappe Stunde bevor wir unser nächstes Pausenziel John o’Groats erreichen, ist es dann so weit. Gerade noch rechtzeitig haben wir die Regenkombi angezogen, da setzt auch schon der Regen ein. Ab jetzt ist er unserer Begleiter, der prasselnd auf unsere Helme niedergeht und die Sicht durch das Visier erschwert. Erst kurz vor John o'Groats lässt er nach und geht in ein leichtes tröpfeln über. Wir parken unsere Motorräder auf einem kleinen Motorrad-Parkplatz. Den hätten wir fast übersehen, denn hier steht alles voll mit PKWs und Wohnmobilen. Die parken dicht an dicht und sind vor dem grauen Himmel nicht gerade ein optischer Leckerbissen. In diesem Moment kann ich es fast verstehen, dass John o'Groats im Jahre 2010 zum trostlosesten Ort in Schottland gewählt wurde. Trotzdem machen wir einen kleinen Rundgang und finden dabei jede Menge (Souvenir-) Geschäfte, Cafés, eine Eisdiele, das Touristenbüro und auch eine Whiskydestillerie.
Pause in John o’Groats
Pause in John o’Groats
Pause in John o’Groats
Neben den vielen Wohnmobilen sehen wir auch jede Menge Radfahrer. Die Tour von John o'Groats im Nordosten Großbritanniens nach Land's End ganz unten im Südwesten ist bei den Briten sehr beliebt. Knapp 1.400 Kilometer lang ist diese "End to Enders" genannte Radtour. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch heute einige der Radfahrer ihre Tour hier starten bzw. beenden.
Wir schwingen uns nicht in den Fahrradsattel, sondern auf das Motorrad und richten die Lenker nun gen Süden. Ab hier bis Inverness fahren wir zwar weiter auf den „North Coast 500“, aber von Single-Tracks ist keine Rede mehr. Die Straße ist gut ausgebaut in beide Richtungen und auch die Aussichten sind alles andere als sehenswert. Da auch der Regen wieder stärker geworden ist, macht das Fahren hier nicht wirklich Spaß. Wir spulen einfach die Kilometer ab in der Hoffnung, dass zumindest der Regen nachlässt. Aber als wir nach rund eineinhalb Stunden Fahrt auf den Parkplatz von Dunrobin Castle rollen, regnet es leider immer noch. Eine Besichtigung wäre bestimmt interessant, aber in den nassen Regenklamotten haben wir wirklich keine Lust dazu. So bleibt es bei einem Blick von außen auf das Schloss, dessen Besitzer, der Clan Sutherland, sich während der "Highland Clearances" einen recht grausamen Ruf erworben hat. Die Bauern, die rundherum Land gepachtet hatten, wurden mit Gewalt vertrieben und die Häuser und Hütten niedergebrannt. Stattdessen wurden Schafe angesiedelt, da der Gewinn mit Schafswolle um einiges höher war als der Pachtertrag von den Kleinbauern. Und mit diesen Gewinnen wurde dann unter anderem auch dieses Schloss finanziert.
Dunrobin Castle
Weiter geht unsere Fahrt in Richtung Süden und endlich hat auch Petrus ein Einsehen mit uns. Der Regen hört auf und ganz zaghaft zeigt sich hin und wieder sogar die Sonne. Wir freuen uns über jeden Sonnenstrahl, den wir bekommen und erleben dann eine „Brückenparade“. Zunächst überqueren wir auf der „Dornoch Firth Bridge“ den Dornoch Firth, dann folgt die „Cromarty Bridge“ und zum Abschluss rollen wir auf der „Kessock Bridge“ über den Beauly Firth direkt nach Inverness. Lange suchen müssen wir nicht und stehen bald darauf vor der Jugendherberge, unserem heutigen Ziel. Hier bleiben wir zwei Nächte. Morgen wollen wir von hier aus die Region östlich von Inverness erkunden.
Jugendherberge in Inverness
Wir beziehen unser Zimmer, ziehen uns um und machen uns dann zu Fuß auf in die nicht weit entfernt gelegene Innenstadt. Dort finden wir in einem kleinen italienischen Restaurant einen Platz und lassen uns Pizza und Pasta schmecken. Zurück in der Jugendherberge planen wir noch eine kleine Rundtour für Morgen. Und hoffen, dass die Wettervorhersage recht behält, die einen durchweg trockenen Tag verspricht.
Tag 6:
Es sind auffallend viele Afrikaner hier in der Jugendherberge. Als ich mir in der Selbstversorgerküche heißes Wasser für meinen Tee hole, spricht mich einer von ihnen an und fragt, woher ich komme. Als ich ihm sage, dass ich aus Deutschland bin, hebt er theatralisch die Arme und ruft
„Germany, the hope of Europe“. Meinen skeptischen Einwand ignoriert er und meint stattdessen, Kanzlerin Merkel werde es schon richten. Nun ist mir endgültig klar, dass der gute Mann nicht ganz auf der Höhe des Geschehens ist, denn Bundeskanzlerin ist Frau Merkel schon längst nicht mehr. Mit einem freundlichen „have a nice day, young man“ verabschiede ich mich von ihm. Und gehe mit einer heißen Tasse Tee und um eine interessante Erfahrung reicher zurück in den Frühstücksraum.
Bisher hält das Wetter, was die Vorhersage verspricht. Daher starten wir nach dem Frühstück gut gelaunt und frohen Mutes unsere Maschinen und verlassen Inverness Richtung Osten. Die Speyside ist unser heutiges Ziel, also die Region rund um den Fluss Spey. Hier befindet sich auch der „Malt Whisky Trail“, eine Route, die viele der in dieser Region ansässigen Whiskydestillerien verbindet.
Unterwegs auf dem Malt Whisky Trail
Teilweise sind es international bekannte Brennereien, teilweise nur sehr lokal bedeutende Destillerien, an denen der Weg vorbeiführt. Wir haben zunächst aber weder das eine noch das andere zum Ziel. Uns zieht es vielmehr zur „Speyside Cooperage“. In dieser „Böttcherei“, so die Übersetzung von „Cooperage“, werden gebrauchte Fässer runderneuert, so dass sie wieder zum lagern von Whisky verwendet werden können. Die „Speyside Cooperage“ ist die größte Böttcherei in ganz Großbritannien und liegt etwas nördlich von Dufftown. Als wir auf den Parkplatz des Unternehmens rollen, bin ich guter Dinge. Nur auf der rechten Seite stehen einige Autos, die linke Hälfte ist fast komplett leer. Viel los ist hier nicht, gute Chancen also für eine Besichtigung.
An der Speyside Cooperage
Im Visitor-Center kommt dann allerdings der Dämpfer. Alle Touren sind ausgebucht. Nicht nur heute, sondern auch in den nächsten Tagen. Ohne Voranmeldung läuft hier nichts. Keine Chance also für uns drei Mopedfahrer, noch irgendwie mit dabei zu sein. Ich bin tatsächlich ein wenig enttäuscht, als wir bald darauf unverrichteter Dinge wieder vom Parkplatz zurück auf die Straße rollen. Aber eine Sache bleibt uns noch. Vom Parkplatz aus biegen wir rechts ab und halten uns kurz darauf wieder rechts. Nach nur wenigen Metern erreichen wir auf der rechten Seite dann den hinteren Bereich der „Speyside Cooperage“. Und hier stapeln sich wirklich tausende von Whiskyfässern. Ein absolut genialer Foto-Spot, den wir ausgiebig nutzen.
Jede Menge Whiskyfässer
Da fühlt sich auch die Versys wohl
Viele Fotos später sitzen wir wieder auf unseren Motorrädern und rollen durch die Speyside. Es ist eine recht grüne Gegend mit schönen Straßen, das fahren macht hier wirklich Spaß. Quasi hinter jeder Kurve liegt eine Whiksybrennerei und hätten wir uns nicht im Vorfeld schon für die Destillerie von Glenlivet entschieden, hätten wir hier wirklich die Qual der Wahl. Nur rund eine dreiviertel Stunde dauert die Fahrt, dann parken wir unsere Maschinen auf dem großen Parkplatz von Glenlivet und sehen uns dass Ganze mal von innen an.
Besuch der Glenlivet-Destillerie
Gleich am Eingang werden wir gefragt, ob wir an einer Verköstigung Interesse haben. Theoretisch schon, aber als Motorradfahrer halten wir uns zurück und schlendern stattdessen durch eine kleine Ausstellung, durch den Verkaufsraum und die Probierstube. Es ist einiges los hier, überwiegend sind es Männer, die sich durch die verschiedenen Whiskysorten probieren. Als wir erfahren, dass es auch nichtalkoholische Getränke gibt, bestellen wir uns drei Cappuccino und setzen uns in einer der Sitzecken. Hier können wir unser Getränk genießen und gleichzeitig ein wenig an dem Trubel um uns herum teilhaben.
Besuch der Glenlivet-Destillerie
Besuch der Glenlivet-Destillerie
Besuch der Glenlivet-Destillerie
Nachdem wir die Glenlivet-Destillerie verlassen haben, ist noch genug Zeit für etwas Motorrad fahren. Und dafür bietet sich die Speyside wirklich an. Die guten und auch recht kurvigen Straßen führen durch Wälder, am Fluss entlang, durch kleine Ortschaften und manchmal bieten sie auch überraschende Weitsichten. Hier zu fahren macht wirklich Laune, dementsprechend dehnen wir den Rückweg nach Inverness etwas aus und drehen so manche Extraschleife. Heute spielt auch das Wetter mit und so sind wir rundum zufrieden, als wir am späten Nachmittag wieder auf den Parkplatz der Jugendherberge rollen.
Unterwegs in der Speyside
Unterwegs in der Speyside
Am Abend schlendern wir noch ein wenig durch Inverness. Hier gibt es eine kleine Fußgängerzone und der Fluss „Ness“ schlängelt sich träge mitten durch den Ort. In den vielen Andenkenläden kann man natürlich „Nessi“ kaufen, und dass in allen erdenklichen Formen und Farben. Wir suchen uns allerdings lieber einen Pub für unser Abendessen und werden dabei (wie immer) nicht enttäuscht. Neben dem guten Essen gefällt mir auch immer wieder die besondere Atmosphäre in den britischen Pubs. Das ist wirklich nicht mit den Kneipen bei uns in Deutschland zu vergleichen.
Spaziergang durch Inverness
Spaziergang durch Inverness
Spaziergang durch Inverness
Der Weg zu Fuß zurück zur Jugendherberge ist dann nicht weit und zum Abschluss des Tages werfen wir noch einen Blick auf die Landkarte. Morgen fahren wir in südlicher Richtung bis nach Sterling. Auf dem Weg dahin wollen wir über eine ganze besondere Straße fahren: Die „Old Military Road“ genießt einen recht guten Ruf unter Motorradfahrern. Und wir wollen mal sehen, ob zu recht.
Tag 7:
Heute verlassen wir Inverness und seine Jugendherberge. Unser Ziel liegt Richtung Süden und heißt Stirling. Der Ort war früher sogar einmal die Hauptstadt von Schottland. Bei trockenem Wetter verstauen wir unser Gepäck auf den Motorrädern, dann steuern wir durch den morgendlichen Berufsverkehr hinaus aus der Stadt.
Lange dauert es nicht und wir sind wieder in der wirklich schönen Landschaft der Speyside unterwegs. Und nutzen gleich eine der ersten Möglichkeiten anzuhalten und Fotos zu machen.
Landschaft in der Speyside
Landschaft in der Speyside
Landschaft in der Speyside
Wir fahren in Richtung der kleinen Ortschaft Speybridge, um dort rechts abzubiegen auf die „Old Military Road“. Diese führt ab hier mitten durch den Cairngorms Nationalpark und gilt als die höchstgelegene öffentliche Straße von Schottland. Und macht quasi ab dem ersten Meter gute Laune. Es ist keine Single-Track-Road, sondern eine gut ausgebaute Straße mit gutem Straßenbelag und erstaunlich wenig Verkehr. Das ändert sich erst, als wir den Abzweig nach Balmoral Castle erreichen, dem Sommersitz der Königsfamilie. Keine Ahnung, woher plötzlich all die Fahrzeuge kommen, aber hier herrscht kurzzeitig Rushhour. Wir allerdings lassen das Schloss links liegen, denn zum einem waren wir bereits einmal dort (siehe
Motorradtour durch Schottland), zum anderen fanden wir es seinerzeit schon nicht besonders spannend. Stattdessen folgen wir weiter der Straße, bis auf der rechten Seite ein interessant aussehendes Gebäude auftaucht und wir einen Parkplatz nutzen, um uns dass mal näher anzusehen.
Braemar Castle
Wir stehen vor Braemar Castle, dass eine sehr seltsame Form für ein Schloss besitzt. Eigentlich wurde es als Stützpunkt für Jagdgesellschaften gebaut, heute allerdings führen hier freiwillige Helfer die Besucher durch die vielen historischen Räume. Die Einnahmen werden dann an örtliche Wohltätigkeitsvereine gespendet.
Auf eine Führung verzichten wir, denn wir wollen unsere Mopeds bewegen. Und das macht hier auf der „Old Military Road“ wirklich großen Spaß. Viele, viele Kurven, dazu jede Menge Auf- und Abfahrten und das ganze in einer großartigen Landschaften. Die Region ist recht dünn besiedelt, dementsprechend wenig Verkehr ist hier unterwegs. Und auch das Wetter spielt mit, denn es ist trocken und nicht zu warm.
Häufiges Verkehrsschild auf der „Old Military Road“
Nach einiger Zeit erreichen wir ein Skigebiet mit Skischule und Skilift. Aktuell liegt hier natürlich kein Schnee, dafür entdecken wir aber eine Restauration mit großem Parkplatz, auf dem bereits jede Menge Motorräder stehen. Und natürlich halten auch wir hier an und freuen uns über leckeren Kuchen und einen Cappuccino.
Auf der „Old Military Road“
Auf der „Old Military Road“
Auf der „Old Military Road“
Nach dieser kleinen Pause fahren wir weiter und ab jetzt geht es richtig rund. Die Straße folgt den wildesten Windungen nach links und rechts, führt steil bergauf und von kurzen Kuppen wieder steil bergab. Teilweise macht das Moped dabei kleine Sprünge und der Magen sackt dann kurzzeitig nach unten. Ein Gefühl, als würden man abheben. Und das macht einen großen Spaß.
Beendet wird die wilde Fahrt dann kurz vor dem Örtchen Dalrulzian vor einer Tagesbaustelle. Schade, ich hätte gerne noch so weiter fahren können.
Zwangspause
Ab Dalrulzian geht es dann zwar nicht langweilig, aber doch wesentlich entspannter weiter. Wir tasten uns vor Richtung Süden, schlängeln uns an Perth vorbei und erreichen am frühen Nachmittag Stirling, unser heutiges Ziel. Es dauert eine Weile, bis wir das von uns reservierte Bed & Breakfast finden, werden dafür aber mit dem absolut größten Zimmer belohnt, dass wir auf dieser Tour bisher hatten.
Unterkunft in Stirling
Unterkunft in Stirling
Nachdem wir eingecheckt und alles verstaut haben, gehen wir zu Fuß in die nicht weit entfernte Innenstadt und von dort hoch zum Schloss. Sterling Castle war eine der Hauptresidenzen der schottischen Könige und wurde in seiner Geschichte mehr als ein Dutzend mal belagert. Und diese Belagerung dauert hier offensichtlich bis heute an, wenn auch mittlerweile durch Touristen. Es ist richtig voll hier und an eine Führung ohne vorherige Reservierung ist nicht zu denken. Aber auch von außen bieten das Schloss und seine Umgebung reizvolle An- und Aussichten.
Schloss Stirling
Schloss Stirling
Blick auf das Wallace Monument
Wir haben genug gesehen und laufen wieder hinab in die Innenstadt. Dort einen Pub zu finden ist wirklich nicht schwer und nach einen gutem Essen gehen wir zurück zu unserem B&B. Morgen ist unserer letzter Urlaubstag, am Abend bringt uns die Fähre ab Newcastle schon wieder zurück auf das europäische Festland. Aber die Zeit bis dahin wollen wir noch nutzen. Zum Motorradfahren natürlich, aber auch zum besichtigen. Hoffen wir also auf trockenes Wetter.
Tag 8:
Mein Morgen beginnt mit einer Waschaktion. Ein mächtiger Taubenschiss hat natürlich genau den linken Koffer meiner Versys getroffen. Punktlandung. Was für ein Scheiß, leider im wahrsten Sinne des Wortes. Aber es hilft ja nichts. So schnell wie möglich abwaschen, bevor der Lack angegriffen wird. Mein böser Blick nach oben interessiert dort dann natürlich niemanden...
Samstags Morgens durch Stirling zu fahren ist anscheinend keine besonders gute Idee. Es ist richtig viel los auf den Straßen, als wir von unserer Unterkunft aus starten. Zum Glück liegt das B&B im südlichen Teil der Stadt und der Weg aus Stirling hinaus Richtung Edinburgh ist relativ kurz. Trotzdem dauert es eine gute halbe Stunde, bis wir auf den Parkplatz unseres ersten Zieles rollen, dem „Falkirk Wheel“. Dabei handelt es sich um das einzige rotierende Schiffshebewerk der Welt. 1998 wurde mit dem Bau begonnen und pünktlich zum goldenen Thronjubiläum von Königin Elisabeth II. im Jahr 2002 war dann feierliche Eröffnung. Ein Höhenunterschied von 33,5 Meter gilt es zu überwinden und die Kosten dafür beziffern sich auf 17 Millionen Pfund. Nicht gerade wenig, wenn man bedenkt, dass dieses Monster aus Stahl überwiegend touristische Bedeutung hat.
Schiffshebewerk „Falkirk Wheel“
Schiffshebewerk „Falkirk Wheel“
Schiffshebewerk „Falkirk Wheel“
Es sollen übrigens 15.000 Nieten sein, die diesen Stahlkoloss zusammenhalten. Ich frage mich ernsthaft, wer das so genau gezählt hat...
Wir starten die Motorräder, müssen aber eigentlich nur einmal kräftig am Hahn drehen, dann rollen wir schon wieder auf den nächsten Parkplatz. Wir sind im Park "The Helix", der sich nur rund eine Viertelstunde Fahrt vom Falkirk Wheel entfernt befindet. Und in diesem Park stehen "The Kelpies". Das sind zwei Skulpturen in Pferdegestalt und mit 30 Metern Höhe sind sie wirklich sehr imposant anzusehen. Die beiden Figuren symbolisieren Arbeitspferde, die früher die Lastkähne an den Kanälen entlang gezogen haben Und sie haben sogar Namen: Das Pferd mit dem Kopf nach unten heißt „Duke“, wogegen „Baron“ sich mit offenem Mund aufbäumt. Und so viel los, wie hier ist, lässt sich gut erkennen, dass die beiden zu einem beliebten Ausflugsziel geworden sind.
Skulptur "The Kelpies"
Skulptur "The Kelpies"
Falls ihr übrigens mal eine 50 Pfund-Note der Bank of Scotland in den Händen halten, werft ruhig mal einen genaueren Blick darauf. Die Schotten sind nämlich derart angetan von „The Kelpies“ und „Falkirk Wheel“, dass die beiden gemeinsam auf den Scheinen abgebildet wurden.
Wir verlassen die Kelpies und versuchen nun, Edinburgh an seinem südlichen Ende zu umfahren. Das gelingt zwar, dauert aber einige Zeit, denn auch hier sind die Straßen sehr voll. Das ändert sich erst, als wir die Ausläufer der schottischen Hauptstadt endlich hinter uns lassen und Richtung Ostküste rollen. Hier geht es deutlich entspannter zu. Recht bald dreht der Weg Richtung Süden und führt uns nun überwiegend direkt an der Küste entlang. Bei sonnigem Wetter haben wir immer wieder schöne Aussichten auf das ruhige Meer, das sich blau schimmernd bis zum Horizont erstreckt. Und dann ist es soweit: Wir erreichen die Grenze zwischen Schottland und England. Wir rollen auf den kleinen Parkplatz, auf dem außer uns gerade kein anderes Fahrzeug zu sehen ist. Hier gibt es Bänke und einen Tisch und wir machen eine kleine Pause, trinken Tee und essen ein paar Kekse.
Grenze zwischen Schottland und England
Grenze zwischen Schottland und England
Als wir aufsitzen um weiter zu fahren, werfe ich noch einen Blick auf den Tageskilometerzähler, den ich vor genau einer Woche im Landesinneren an der anderen Grenze zu Schottland auf „Null“ gestellt hatte. „2085“ steht da jetzt und das es so viele Kilometer werden würden, hatte ich nicht erwartet. Waren alle schön? Nun, auf die Kilometer zwischen John o’Groats und Inverness hätte ich gerne verzichten können. Eine gut ausgebaute und recht volle Landstraße war das, aber es ist nun mal der schnellste Weg, wenn man hoch zur Küste will. Ganz anders dagegen die "Road to Applecross", die einfach nur Spaß gemacht hat. Generell hat das fahren an der Westküste hinauf bis Durness viel Freude bereitet. Auch die Strecke entlang der Nordküste und die "Old Military Road" zwischen Inverness und Stirling möchte ich nicht missen. Und die Straßen auf der Insel Mull sowieso nicht.
Alles in allem also ein positives Fazit von Schottland. Und ich bin mir auch noch nicht so ganz sicher, ob dies mein letzter Besuch am nördlichen Ende Großbritanniens war. Ganz dort oben, in "the land of the brave".
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