Unterwegs auf dem Weserradweg
Der Weserradweg führt über rund 520 Kilometer von Hann. Münden im Weserbergland bis nach Cuxhaven an die Nordsee. Er schlängelt sich durch das hügelige Weserbergland mit seinen zahlreichen Fachwerkstädten, vorbei an Burgen und Schlösser, die mit Sagen und Märchen verbundenen sind, besucht das quirlige Bremen und durchquert die Norddeutsche Tiefebene. Dabei fließt er durch die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen.
Unterwegs weist der Weserradweg kaum Steigungen auf, sondern verläuft überwiegend auf Rad- und Uferwegen direkt am Wasser entlang. Das hat ihn zu einem der beliebtesten Radwege in Deutschland gemacht. Allein im Jahr 2021 wurden über 200.000 Radtouristen gezählt.
Wir fahren die ersten vier Etappen des Weserradwegs, von Hann. Münden bis Minden. Was wir dabei erlebt und gesehen haben, stelle ich hier vor.
1. Tag: Von Hann. Münden bis Beverungen
Da stehen wir also. Am sogenannten "Weserstein" unter der großen Kastanie. Wie viele andere vor uns lesen auch wir den Text der Inschrift:
Am Zusammenfluss von Fulda und Werra
Der "Weserstein" unter der großen Kastanie
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Wo Werra sich und Fulda küssen
Sie ihre Namen büssen müssen,
Und hier entsteht durch diesen Kuss
Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.
Hann. Münden, d. 31. Juli 1899 |
Von links kommt die Fulda, von rechts die Werra, beide vereinigen sich hier und ergeben die Weser. Was schon ungewöhnlich ist. Normalerweise fließt der kleinere, kürzere Fluss in den größeren und der behält dann seinen Namen. Hier allerdings entsteht etwas neues, die Weser eben.
Wenige Meter neben dem (alten) Weserstein wurde im Jahre 2000 ein neuer aufgestellt. Im Rahmen der EXPO 2000 verfasste der bulgarische Künstler Nedko Solakov einen Text, der ebenfalls auf einem Stein präsentiert wird:
Der neue Weserstein, aufgestellt anlässlich der EXPO 2000
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Der enttäuschte Fluss
Mein lieber Wanderer, bitte schau doch einmal auf die Fulda (zu Deiner Linken).
Wirkt sie nicht irgendwie enttäuscht, sogar unglücklich, wenn man ihr Wasser
so müde fließen sieht? Ja, sie ist es auch und ich sage Dir warum.
Es trug sich zu, dass ihre innig geliebten Buchstaben F,U,L,D und A beim Zusammenschluß mit der WERRA vollkommen vernachlässigt wurden. Wie Du siehst, fehlen diese Buchstaben im neuen Namen des Flusses: WESER. Die arme FULDA durfte lediglich stellvertretend im neuen Wort erscheinen, so wählte sie den Buchstaben S. Dieses S ersetzte eines der beiden R's der WERRA. Warum das S? Die Kurven im S erinnerten die wehmütigen Buchstaben F,U,L und D an die lieblichen Kurven an der Quelle der FULDA. Dort, wo diese Buchstaben noch quirlige Bäche sind. Die empfindsame FULDA fühlte sich vom Schicksal ungerecht behandelt; hatte sie doch all die Jahrhunderte so hart gearbeitet - scheinbar für nichts und wieder nichts. Um wenigstens ihren seelischen Frieden zu bekommen, fing sie damit an, den Händlern behilflich zu sein. Die Händler mussten schreckliche Stapelrechte und hohe Steuern für Waren und Güter zahlen, die sie in die Stadt Hann. Münden brachten. übrigens wurden diese fürchterlichen Steuern dafür verwendet, elegante Häuser an den Ufern der Konkurrentin WERRA zu bauen. Deshalb entschloss sich die FULDA, einige Waren über ihre Wasser zu schmuggeln - ein kleiner, aber stiller Akt der Vergeltung.
Die beiden A's aus FULDA und WERRA waren ebenfalls sehr unzufrieden mit dem Zusammenschluss. Stell Dir das einmal vor! Der erste Buchstabe im Alphabet wird auf eine so brutale Art und Weise übergangen! Jedoch erhielten die A's eine kleine Entschädigung. Es wurde eine Vereinbarung getroffen und nun erscheinen sie am Anfang im Namen einer schönen deutschen Stadt, irgendwo im Westen...
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Ironisch humorvoll, so der Künstler, habe er hier über Fulda, Werra und Weser nachgedacht.
Nun ja...
Um allerdings ein echter Klassiker zu werden wie die Inschrift vom "alten" Weserstein, ist der Text meiner Meinung nach allerdings viel zu lang.
Aber wir sind ja nicht zum lesen oder gar philosophieren hier. Wir wollen Radfahren. Und zwar entlang der Weser auf dem Weserradweg. Und der startet nun mal hier in Hann. Münden. Was übrigens ein netter kleiner Ort ist. Viel Fachwerk, sehr viel sogar. Ein kleiner Bummel durch die Stadt macht wirklich Spaß. Besonders dann, wenn man das Glück hat, das kleine Schauspiel zu bewundern, dass sich täglich um 12, 15 und 17 Uhr außen am Turm des Rathauses abspielt. In Anlehnung an einen berühmten Sohn der Stadt, an Dr. Eisenbart nämlich, wird dort oben "live" eine Zahn-OP gezeigt. Einfach mal ansehen.
Zahn-OP von Dr. Eisenbart am Rathausturm
Wir allerdings verlassen Hann. Münden, ohne Dr. Eisenbart oder einen seiner Nachfahren besuchen zu müssen. Dafür haben wir etwas anderes entdeckt. Was zunächst wie ein Zigarettenautomat aussieht, entpuppt sich als "Reserveschlauchautomat". Hann. Münden ist ganz offensichtlich auf Radfahrer eingestellt ;-)
Für Nachschub ist gesorgt
Wir fahren aus dem Ort hinaus Richtung Norden. Vorbei an dem Welfenschloss, einst Residenz und Verwaltungssitz, heute das städt. Museum. Zunächst führt der Radweg direkt an der B 80 entlang, von wo aus wir einen letzten Blick zurück auf den "Kuss" von Werra und Fulda werfen.
Das Welfenschloss, heute das städt. Museum von Hann. Münden
Blick zurück auf den Zusammenfluss von Werra und Fulda
Kurz darauf biegt die B 80 nach links ab, wir aber folgen der Straße weiter geradeaus. Immerhin fahren wir nicht auf der Straße selbst, sondern auf einem extra angelegten Radweg. Dieser befindet sich mal direkt neben der Straße, mal ein paar Meter davon entfernt. Die Weser selbst ist aber meistens zu sehen.
Fahrt entlang der Weser
Der Weg führt mit wenigen auf und ab's durch eine unspektakuläre Landschaft. Wir passieren kleine Ortschaften wie Ginte oder Hemeln und freuen uns, dass es trocken ist und wir immer wieder die Weser im Blick haben. Rund zwei Stunden benötigen wir, bis wir Bursfelde erreichen. Hier befindet sich ein ehemaliges Benediktinerkloster.
Das Benediktinerkloster Bursfelde
Im Jahre 1093 wurde es von einigen Mönchen aus dem Kloster Corvey erbaut. In Vordergrund standen hier die Lehre der Wissenschaft und die Unterrichtung der Mönche. Als sich Förderer und Finanzierer des Klosters mehr und mehr zurück zogen, wuchs auch dessen Bedeutungslosigkeit. Auch die Reformation änderte nicht viel daran. Immerhin wurde eine Klosterbibliothek gegründet, für die Bücher geschrieben, kopiert und gesammelt wurden.
Wechselnde Machtverhältnisse zwischen der katholischen und evangelischen Kirche setzten auch dem Kloster Bursfelde zu. Nach und nach wurde es immer unbedeutender. Seit 1828 leben dort auch keine Mönche mehr. Heute untersteht es der Klosterkammer Hannover und dient in erster Linie als Tagungszentrum. Aber die Kirche wird auch immer noch für Gottesdienste genutzt. Schön anzusehen, da gut gepflegt, ist das Kloster auf jeden Fall. Mir hat es Spaß gemacht, ein wenig durch die verschiedenen Räume zu stöbern.
Innenansicht des Klosters
Innenansicht des Klosters
Kaum haben wir uns nach diesem Rundgang auf unsere Räder geschwungen, da steigen wir auch schon wieder ab. Am Ortsausgang von Bursfelde lädt ein wirklich nettes Lokal zur Pause ein. Da lassen wir uns nicht lange bitten und kehren dort ein, um Kaffee und Kuchen zu genießen. Und dazu die Sonne, die uns vom mittlerweile blauen Himmel verwöhnt. Einfach herrlich. Es fällt uns nicht leicht, wieder auf die Räder zu steigen und weiter entlang der Weser zu fahren. Aber wir haben ein Tagesziel, dass es zu erreichen gilt.
Pause an der Klostermühle
Als nächstes erreichen wir Oedelsheim. Hier sollen die Gebrüder Grimm das Märchen vom gestiefelten Kater erfunden haben. Die berühmten deutschen Märchenerzähler waren häufig in dieser Gegend zu Gast. Auch Schneewittchen und die sieben Zwerge sollen ihren Ursprung hier an der Weser haben. Uns aber zieht es weiter nach Bodenfelde. Dabei müssen wir auch teils heftige Steigungen bewältigen. Einmal steigen wir sogar ab und schieben die Räder. Dabei sind wir allerdings in guter Gesellschaft: Auch andere Radfahrer, die wir treffen, haben an dieser Stelle kapituliert.
Teilweise führt der Weserradweg direkt am Fluss entlang, teilweise auch nur in der Nähe. Und einmal quer wir die Weser auch, um auf der anderen Seite weiter zu fahren.
Weseridylle
Seitenwechsel
So kommen wir nach Bad Karlshafen. Kurz zuvor, bei einer kleinen Pause am Wegesrand, ist bei einem unserer Fahrräder der Ständer abgebrochen. Hier in Bad Karlshafen finden wir recht schnell einen Ersatz. Allerdings haben wir unterwegs ein wenig getrödelt und sind daher schon recht spät dran. Eine Pause in dem Ort machen wir daher nicht, sondern fahren direkt weiter. Die Zufahrt zum Weser - Skywalk, einer Aussichtsplattform, von der aus man eine herrliche Aussicht auf die Weser haben soll, ist uns zu steil. Stattdessen machen wir noch eine kurze Pause in einem Cafe direkt am Fluss, bevor wir weiterfahren und gegen 18:00 Uhr unser heutiges Ziel Beverungen erreichen.
Nun stehen einchecken, duschen und sauberer Sachen anziehen auf dem Programm. Auf der Suche nach einem Lokal für unser Abendessen bummeln wir durch die Stadt und bekommen so einen kleinen Eindruck von Beverungen.
Cordt-Holstein-Haus aus dem 17. Jahrhundert
Brunnen auf dem Jakobusplatz
Gut fünfzig Kilometer sind wir heute gefahren. Mir als Gelegenheitsradler reicht das. Es hat Spaß gemacht, ohne in Stress auszuarten. Und das ist gut so, denn schließlich habe ich Urlaub.
Unsere Unterkunft in Beverungen
2. Tag: Von Beverungen bis Bodenwerder
Geschlafen habe ich recht gut. Aber der morgendliche Blick aus dem Fenster verheißt nichts Gutes: Der Himmel ist grau und ein feiner, dünner Nieselregen überzieht die Stadt. Sogar ein schwaches Gewitter zieht gerade hier durch. Daher lassen wir uns viel Zeit mit dem aufstehen und dehnen anschließend auch das Frühstück ziemlich lange aus. Und das mit Erfolg: Als wir uns gegen zehn Uhr auf die Räder schwingen, hat der Wettergott ein Einsehen. Der Regen hört auf, nach und nach verschwinden auch die Wolken.
Wir fahren gemütlich an der Weser entlang bis nach Wehrden. Hier wechseln wir mit einer kleinen Fähre hinüber auf die andere Uferseite. Grund dafür ist das Schloss Fürstenberg, bekannt für das Porzellan, dass dort hergestellt wird und das hoch oben auf einen Berg über der Weser thront. Dafür lassen wir die Räder unten am Fluss stehe und machen uns zu Fuß auf den recht beschwerlichen Weg, der ziemlich steil bergauf zu dem im Stile der Weserrenaissance errichteten Schloss führt. Oben werden wir dafür sogleich mit den wunderschönen Ausblick auf das Umland belohnt. Ja, die vornehmen Leute früher wussten nicht nur WIE, sondern auch WO man Schlösser bauen muss...
Räder abstellen und dann zu Fuß hinauf zum Schloss
Am Schloss Fürstenberg
Aussicht vom Schloss
Aber wir möchten mehr sehen als "nur" die schöne Landschaft. Uns interessiert das im Schloss untergebrachte Museum, in dem Fürstenberg-Porzellan aus über 250 Jahren ausgestellt wird. Somit gehört die 1747 gegründete Manufaktur zu den ältesten Porzellanherstellern Europas. Und sicher auch zu den renommiertesten. Aber wir haben Pech: An der Eingangstür zum Museum stoppt uns ein Schild mit der Aufschrift
"Wegen der umfangreichen Modernisierungsarbeiten ist das Schloss bis Anfang 2017 geschlossen". Das ist wirklich schade. Zwar gibt es noch den Hinweis, dass ein Teil der Ausstellung in der alten Remise auf dem Schlosshof gezeigt wird, aber das ist nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Also begnügen wir uns mit der Außenansicht der Anlage und mit dem Besuch des ehemaligen Pferdestalls, der zum Verkaufsraum umgebaut wurde. Hier können Besucher das Fürstenberg-Porzellan kaufen. Wir allerdings beschränken uns auf das ansehen.
Am Schloss Fürstenberg
Zum ehemaligen Pferderstall, heute Verkaufsraum
Nicht nur Geschirr gibt es hier
Nicht allzu lange dauert unser Besuch bei den Fürstenbergs, schon bald darauf machen wir uns an den Abstieg hinunter zur Weser und zu unseren Rädern. Die Fahrt führt uns jetzt direkt am Weserufer entlang, vorbei an dem kleinen örtchen Boffzen (da gibt es übrigens ein Glasmuseum, das wir uns allerdings nicht ansehen) weiter bis nach Höxter. Hier wechseln wir die Uferseite und fahren in die Innenstadt. Dort stellen wir die Räder ab, kaufen uns ein Eis und schlendern ein wenig durch die Fußgängerzone und über dem Marktplatz. Und auf diesem fällt uns sogleich ein Haus mit vielen, immer unterschiedlichen Schnitzereien auf. Es ist die alte Dechanei aus dem Jahre 1561. Eine Dechanei (oder auch Dekanat bzw. Dekanei) ist, wie ich in meinem Reiseführer lese, eine kirchliche Verwaltungseinheit. Hier wurden früher zehn Pfarreien durch einen Dekan oder auch Dechanten verwaltet. In Höxter war die Dechanei gleichzeitig auch der Adelssitz der Familie von Amelunxen, einem alten westfälisch-niedersächsischen Adelsgeschlechts.
Zu Hause lese ich, dass die alte Dechanei das wohl meist fotografierte Haus in Höxter ist. Das glaube ich gerne und gebe zu: Auch ich habe nicht wiederstehen können, es auf meinen Speicherchip zu bannen ;-)
Alte Dechanei in Höxter
Nur wenige Meter weiter steht eine Kirche. Es handelt sich um die katholische Pfarrkirche St. Nikolai, die eine recht interessante Geschichte aufweist. Sie wurde um 1200 gegründet. Nach der Reformation wurde sie 1533 evangelisch, wegen dem Mangel an einem Pfarrer jedoch kaum genutzt. Daher verfiel sie mehr und mehr, bis sie ab 1662 wieder von den Katholiken genutzt wurde. Allerdings war auch das nicht von Dauer. Da die Bausubstanz der Anlage sehr schlecht war, wurde die Kirche nach dem Siebenjährigen Krieg
(1756-1763) abgerissen und eine neue gebaut. Diese wurde 1771 von Fürstabt Philipp von Spiegel zum Desenberg eingeweiht.
Pfarrkirche St. Nikolai in Höxter
Pfarrkirche St. Nikolai in Höxter
Wir beenden unsere kleine Pause in Höxter, steigen auf unsere Räder und fahren weiter an der Weser entlang. Schon nach kurzer Zeit erreichen wir das, worauf ich mich bereits im Vorfeld der Tour so richtig gefreut habe: Das Kloster Corvey.
Das heutige Schloss und ehemalige Kloster gilt als eine der bedeutendsten Klostergründungen im mittelalterlichen Deutschland. Bereits von außen bietet die Anlage eine ziemlich imposante Ansicht.
Der Westflügel von Corvey
Das Westwerk, der älteste heute noch erhaltene Bauteil
Wir aber bleiben nicht draußen, sondern sehen uns die Anlage auch von innen an. Als erstes gehen wir in die Klosterkirche. Sie ist sehr üppig ausgestattet. Am auffälligsten finde ich die Orgel, aber auch vieles andere hier zieht den Besucher in seinen Bann.
Orgel der ehemaligen Klosterkirche Corvey
Barockes Innenleben der Basilika
Von der Kirche aus gehen wir weiter, um die historischen Räume des Schlosses zu erkunden, die aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Jede Menge Zimmer sind zu besichtigen, wir gehen durch Prunk-, Wohn- und Schlafräume, die allesamt sehr gut erhalten sind.
Blauer Salon im Westflügel
Schließlich kommen wir zu dem, auf das ich mich am meisten gefreut habe: Zur Fürstliche Bibliothek, die im Nordflügel untergebracht ist. Ungefähr 75.000 Bände sind es, die hier stehen. Damit zählt Corvey zu den bedeutendsten noch existierenden Privatbibliotheken Deutschlands. Ein klein wenig bin ich allerdings dann doch enttäuscht. Es ist nicht ein großer, imposanter Raum, in dem sich diese Büchersammlung befindet. Vielmehr sind es 15 Säle, in denen die Sammlung mit teils doch recht prachtvollen Bücherschränken aufbewahrt wird. Mittendrin auch das Arbeitszimmer des Hoffmann von Fallersleben. Dies war der Corveyer Bibliothekar, der nach und nach diese Sammlung aufgebaut hat. Den meisten Menschen ist er aber wohl eher als Dichter der Deutschen Nationalhymne bekannt. Sein Grab befindet sich übrigens auf dem angrenzenden Friedhof.
Büste des Hoffmann von Fallersleben
Arbeitszimmer des Corveyer Bibliothekars
Einer der Säle, in denen die Bücher untergebracht sind
Insgesamt 15 Räume mit Büchern umfasst dei Bibliothek
Die Anlage hier ist seit 2014 als Weltkulturerbe eingetragen. Und das völlig zu Recht, wie ich finde.
Leider können wir hier keinen ganzen Tag verbringen. Ich glaube zwar, dass wäre für mich kein Problem, bei den vielen Dingen, die es hier zu entdecken gibt. Aber wir müssen weiter, schließlich ist unser heutiges Ziel der Ort Bodenwerder. Daher fahren wir am Nachmittag weiter an der Weser entlang, zunächst bis Holzminden, wo wir nur eine kleine Pause machen, um uns Kaffee und Kuchen in einem kleinen Café schmecken zu lassen. Mit etwas mehr Zeit hätten wir hier auch gerne einen "duftenden Stadtrundgang" gemacht, der hier angeboten wird. Holzminden nennt sich nämlich auch Stadt der Düfte und Aromen". Grund dafür ist, dass ein bekannter Dufthersteller hier seinen Firmensitz hat. Wir allerdings radeln weiter, immer an der Weser entlang und vorbei an kleinen Ortschaften wie Heinsen, Polle, Brevörde oder Pegestorf.
Entlang der Weser
Leider reicht die Zeit unterwegs nicht mehr für so interessante Orte wie das Weserrenaissance Schloss Bevern oder die Burg der Grafen von Everstein, auf der Aschenputtel zu Hause ist. Es ist bereits früher Abend, als wir Bodenwerder erreichen. Unser Ziel, die dortige Jugendherberge, ist gar nicht so einfach zu finden. Schließlich, nachdem wir mehrere Passanten gefragt und einen sehr, sehr steilen Anstieg hinter uns gebracht haben, finden wir sie doch, checken ein und machen uns auf den Weg wieder hinab in die Stadt, um in einem der Restaurants zu Abend zu essen. Hier im Ort ist anscheinend die "Münchhausen-Mania" ausgebrochen. Nicht nur Figuren vom "Lügenbaron" sind hier zu finden, auch Straßen, Plätze und sogar ein Kindergarten sind nach ihm benannt worden. Ich persönlich finde dass alles schon ein wenig zu dick aufgetragen.
Münchhausen ist allgegenwärtig
Aber die Stadt hat auch schönes altes Fachwerk zu bieten. Wir beschließen den Abend dann direkt an der Weser in einem kleinen Restaurant. Ungefähr 45 Kilometer waren es heute. Das genügt, finden wir. Schließlich möchten wir auch die Zeit haben, uns auf Weg das eine oder andere anzusehen.
Blick in die Altstadt
Abendliche Stimmung an der Weser
3. Tag: Von Bodenwerder bis Rinteln
Bereits um kurz nach 9:00 Uhr verlassen wir die Jugendherberge. Da sie recht weit oben am Hang liegt, lassen wir uns auf unseren Weg hinab zur Weser die meiste Zeit einfach nur Bergab rollen. Sehr bequem ;-)
Der Weg führt uns direkt an der Weser entlang, richtig schön ist es hier. Und da auch das Wetter mitspielt, macht die Tour gerade eine Menge Spaß. Auf der gegenüberliegenden Seite kommt bald darauf Schloss Hehlen in Sicht. Ende des 16. Jahrhunderts wurde es erbaut und gehört damit zu den ältesten Schlössern im Stil der Weserrenaissance. Schön anzuschauen ist es von außen ja, trotzdem nutzen wir die Brücke in Hehlen nicht, um es uns einmal näher anzusehen. Es ist noch früh und wir wollen lieber Radfahren.
Blick auf Schloss Hehlen
Nicht viel später, wir radeln ganz entspannt am Weserufer entlang, kommen wir an einer Skulptur vorbei, die wir uns näher anschauen. Hier hat der Bildhauer und Keramiker Jan D. Ehlers aus dem naheliegenden Emmerthal den "Hüossen" ein Denkmal gesetzt. So nannte man die Männer, die früher die Boote über die Weser gezogen haben. Ein wenig müssen wir schon schmunzeln, als wir die Geschichte auf der Infotafel lesen, die daneben steht. Ist das nun eine würdevolle Erinnerung an diese Männer, die so eine schweißtreibende Arbeit verrichtet haben oder eher eine abwertende?
Hüossen - Denkmal
Nach dieser kleinen Pause fahren wir weiter an der Weser entlang, vorbei an dem kleinem Ort Hajen. Auf der anderen Weserseite ist mittlerweile das Kernkraftwerk Grohnde in Sicht. Im September 1984 wurde es zum ersten Mal mit dem Stromnetz verbunden. Bis maximal Ende 2021 wird es Strom produzieren, spätestens dann wird es aufgrund des vom Bundestag beschlossenen "Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes" vom Netz gehen. Es ist ein komisches Gefühl für mich, an so einem Atomreaktor vorbei zu fahren und irgendwie passt der klobige Bau überhaupt nicht in diese schöne Weserlandschaft.
Aber mich hat ja keiner gefragt.
Das Kernkraftwerk Grohnde kommt in Sicht
Bald darauf erreichen wir den Ort Grohnde. Von hier aus könnten wir mit der Grohnder Fähre hinübersetzen auf die andere Weserseite und einen Abstecher zum Schloss Hämelschenburg machen. Dieses prächtige und märchenumgarnte Weserrenaissanceschloss ist auf jeden Fall einen Besuch wert, aber wir waren vor nicht allzu langer Zeit bereits einmal dort
-> Zum Reisebericht Hämelschenburg
Die Grohnder Fähre
Weiter führt uns der Weg, wir folgen der Weser, fahren vorbei an Emmern und Tündern. Unterwegs haben wir immer wieder schöne Aussichten, sei es der Blick auf die Weser oder eine Mühle am Wegesrand. Wir genießen die Fahrt, vor allem, weil es trocken ist. Der Himmel ist zwar ein wenig bewölkt, aber vom Regen bleiben wir verschont.
Abwechslung am Wegesrand
Fähre auf der Weser
Schließlich erreichen wir die weltbekannte Rattenfängerstadt Hameln. Hier sind wir nicht zum ersten Mal. Wir kennen bereits die historische Altstadt mit den oft liebevoll restaurierten Fachwerk- und Weserrenaissancehäusern, den kleinen Gassen und den vielen Einkehrmöglichkeiten. Wer noch nicht hier war, sollte sich die Zeit nehmen, einmal über den Marktplatz zu bummeln oder eine der angebotenen Weser-Rundfahrt mit dem Schiff zu machen. Wir allerdings haben uns für heute ein ganz eigenes Ziel heraus gepickt: Wir wollen die Schauglasbläserei besichtigen, in der auf traditioneller Art Glas hergestellt wird. Und wir haben Glück: Wir fünf bekommen eine Exklusivvorführung. Staunend beobachten wir den Glasbläser, wie er aus kleinen Klumpen wunderschöne Schalen, Gläser und Vasen herstellt. Wirklich bewundernswert und sehr interessant.
Die Schauglasbläserei Hameln
Eine Exklusiv-Vorführung nur für uns
Eine Exklusivvorführung nur für uns
Schöne Endprodukte, gekonnt in Szene gesetzt
Danach halten wir uns nicht mehr lange in Hameln auf. Wir verlassen die Stadt, allerdings führt der Weser-Rad-Weg nun überhaupt nicht mehr an der Weser entlang. Stattdessen fahren wir überwiegend neben der Hauptstraße, manchmal auch durch Felder, aber von dem Fluss ist zumeist nichts zu sehen. Erst kurz vor Hessisch Oldendorf finden wir zurück zu dem fließenden Gesellen, der schon wieder einiges an Breite dazugewonnen hat. Am Rande des kleinen Ortes machen wir eine Pause und lassen uns mit Cappuccino und Kuchen verwöhnen, bevor wir uns wieder auf die Räder schwingen und weiter unserm Ziel entgegen strampeln. Leider führt der Weg zumeist wieder weg von der Weser, wir rollen durch Ortschaften wie Großenwieden und Engern. Dafür lösen sich die Wolken am Himmel langsam auf, die Sonne setzt sich mehr und mehr durch und lässt uns gut gelaunt in die Pedalen treten.
Pause am Radweg
Direkt am Weserufer
Am späten Nachmittag erreichen wir Rinteln, unser Tagesziel für heute. Unser Hotel ist schnell gefunden, und nach dem Duschen und mit sauberen Sachen stromern wir anschließend durch den Ort. Absoluter Blickfang ist hier auf jeden Fall der historische Marktplatz, der fast rundum von den restaurierten Fachwerkhäusern eingeschlossen ist. Seit dem 13. Jahrhundert ist der Platz in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben und so ist es kein Wunder, dass sich hier die Einheimische und auch die Besucher tummeln. Wir finden ein kleines Lokal, wo wir gut und lecker draußen essen können und bummeln danach noch ein wenig durch den Ort. Allgegenwärtig ist der Turm von St. Nikolai. Er ist Teil einer dreischiffigen Hallenkirche, die erstmals 1238 erwähnt wurde. Er ist ein guter Orientierungspunkt, egal, wo in der Stadt man sich gerade aufhält.
Fachwerkhäusern in Rinteln
Quasi von überall zu sehen: Der Turm der St. Nikolai - Kirche
Zum Abschluss des Tages gehen wir noch einmal zur Weser und bekommen dort einen wunderschönen Sonnenuntergang geboten. Genau das richtige für einen wirklich schönen Tag.
Sonnenuntergang über dem Fluß
4. Tag: Von Rinteln bis Minden
Heute Morgen regnet es wieder, sogar recht stark. Und der Himmel sieht leider nicht danach aus, als wenn sich daran schon bald etwas ändern würde. Daher suchen wir nach Alternativen, wie wir heute sonst noch zu unserem Tagesziel nach Minden kommen könnten. Der Zug wäre die eine Option, das Schiff eine andere. Aber da wir ja eine Fahrradtour machen wollten, gehört so eine Fahrt durch den Regen wohl einfach dazu. Daher beschließen wir, doch mit dem Rad weiter zu fahren. Und sind gespannt, ob diese Entscheidung klug war.
Nach dem Frühstück beladen wir unsere Räder und starten in den Regentag. Kaum haben wir Rinteln hinter uns gelassen, da biegt unser Weg auch schon von der Weser ab. Wir fahren an der Hauptstraße entlang, an einem großen See vorbei, dem Doktorsee, und weiter bis Eisbergen. Kurz hinter diesem kleinem Ort hört dann der Regen auf. Es bleibt zwar grau und dunkel, aber zumindest trocken.
Das Wetter ist nicht das Beste
Am frühen Mittag erreichen wir das Gemeinschaftskraftwerk Veltheim. Dieses am anderen Weserufer gelegene Großkraftwerk wurde bereits 1959 gegründet und war ein Gemeinschaftsprojekt der Stadtwerke Bielefeld, des Elektrizitätswerks Minden-Ravensberg sowie des Elektrizitätswerks Wesertal. Betrieben wurde es vor allem mit Steinkohle und Erdgas, aber auch Petrolkoks und Heizöl kamen zum Einsatz. Als E.ON die Elektrizitätswerke Minden Ravensberg übernahm, wurde die Gesellschaft auch gleichzeitig neuer Mehrheitsgesellschafter des Kraftwerkes. Wegen der geänderten Rahmenbedingungen für die Stromversorgung wurde diese Anlage im März 2015 stillgelegt. Wie schon das Kernkraftwerk Grohnde passt auch dieser Bau so überhaupt nicht in die schöne Weserlandschaft. Das Wasser des Flusses diente übrigens zur Kühlung, die Brennstoffe wurden per Bahn und Straße geliefert.
Schön ist was anderes: Das Gemeinschaftskraftwerk Veltheim
Ich bin jedenfalls froh, als wir diesen Betonhaufen endlich hinter uns haben. Auch wenn der Weg selber dadurch nicht wirklich schöner wird. Viel sehen wir von der Weser nicht, der Weg führt teilweise recht weit davon entfernt durch Felder oder entlang der Straße. Erst ab Erder, einem kleinem Ort direkt an der Weser, führt der Weg wieder direkt am Wasser entlang. Wir fahren vorbei an Vlotho, überqueren bei Bad Oeynhausen die Weser auf der Autobahn (als nicht direkt auf der Bahn, sondern unmittelbar daneben) und erreichen auf dieser Weise am frühen Nachmittag schließlich Porta Westfalica mit dem bekannten Kaiser-Wilhelm-Denkmal.
Radweg neben der Autobahn
Regenwolken begleiten uns
Hier machen wir eine Pause, allerdings nicht zu lang. Das Wetter ist zwar trocken, aber der Himmel sieht aus, als würde er jeden Moment seine Schleusen öffnen. Die ganze Anlage hier sieht aus, als ob sie auch schon mal bessere Tage erlebt hätte. Ob hier wirklich noch Fähren anlegen? Immerhin haben wir von hier aus einen netten Blick auf den Kaiser, der recht souverän auf seinem Pferd sitzt und den Fernblick geniesst.
Schiffanleger bei Porta Westfalica
Von dort oben hat der Kaiser alles im Blick
Bald darauf fahren wir weiter bis zu unserem Ziel Minden. Hier sehen wir uns zunächst das größte Wasserstraßenkreuz der Welt an. In 13 Metern Höhe quert der Mittellandkanal die Weser. Und auch, wenn hier gerade keine Schiffe fahren, so ist das doch ein imposanter Anblick.
Wir erreichen Minden
Auf dieser Brücke befindet sich der Mittellandkanal
Das Wasserstraßenkreuz in Minden ist das größte der Welt
Von hier aus machen wir uns auf in die Mindener Innenstadt. Die aber passt momentan zu dem trüben Wetter: Eine einzige Baustelle finden wir hier vor, viele der kleinen und bestimmt auch gemütlichen Lokale sind hinter Bauzäunen versteckt und der Lärm lädt auch nicht wirklich zum verweilen ein. Schade, wir hätten uns die Stadt gerne ein wenig angesehen. Und zu sehen gibt es hier so einiges, wie uns eine Infotafle direkt an der Weser aufzählt.
Die Highlights von Minden auf einem Blick
Wir aber haben keine Lust auf Baulärm und Dreck, stattdessen beziehen wir unsere Zimmer in der gebuchten Pension und suchen uns ein Restaurant am Rande der Stadt und bekommen dabei zumindest einen klitzekleinen Eindruck dieser "merk-würdigen" Stadt.
Kirche in Minden
Mindener "Lebensstützen"
Wir sind uns einig, heute zu wenig gesehen zu haben. Wegen des schlechten Wetter haben wir uns auf das fahren konzentriert, wollten möglichste schnell (und trocken) nach Minden. Eigentlich schade, denn Orte wie Vlotho oder auch Bad Oeynhausen haben sicher einiges zu bieten.
Mein Fazit der Tour
Hier in Minden endet unsere Tour auf dem Weserradweg, zumindest für dieses Mal. Morgen früh nach dem Frühstück heißt es für uns "Abschied nehmen" von der Weser und ihren angrenzenden Regionen. Aber wir wollen wiederkommen, die Tour ab Minden wieder aufnehmen und weiter an der Weser entlang Richtung Bremen und Bremerhaven bis zur Nordsee fahren. Wer weiß, vielleicht ja schon im nächsten Jahr.
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