Warum grüßen sich Motorradfahrer?
Bei mir ist es von Anfang an automatisch mit dabei gewesen: Wenn mir ein anderer Motorradfahrer entgegenkommt, hebe ich kurz die linke Hand und grüße ihn. Natürlich nur, wenn die Sicherheit das in dem Moment zulässt. Und in den meisten Fällen erwidert der andere Motorradfahrer meinen Gruß. Wenn er mir nicht sogar zuvorkommt und zuerst grüßt.Irgendwann habe ich mir dann die Frage gestellt, woher dieses Ritual des Grüßens eigentlich kommt. Und habe mich im Bekanntenkreis und auf den Motorradtreffs danach umgehört und gefragt: „Warum grüßen sich Motorradfahrer?“ Überraschenderweise konnte mir niemand so wirklich eine Antwort darauf geben. „Gegenseitiger Respekt“ war die häufigste Vermutung, aber genauer erläutern konnte das niemand.
Die Geschichte des Motorradgrußes
Online ist die häufigste Begründung die wechselseitige Anerkennung sowie das Gefühl der Zugehörigkeit zur "Motorrad-Community". Motorradfahren ist mehr als nur eine Fortbewegungsart. Für viele ist es eine Leidenschaft, die Menschen miteinander verbindet. Die Straßenverhältnisse, die Wetterbedingungen und die Eigenheiten des Motorradfahrens schaffen ein gemeinsames Erlebnis, das andere Verkehrsteilnehmer nicht teilen. Dieser gemeinsame Nenner führt zu einem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl. Mit dem Gruß signalisiert man: "Wir gehören zur gleichen Gruppe."
Mein Namensvetter Detlev aus dem Elchland (Schweden) hat mir seine Version zu diesem Thema geschickt:
1966 hat man mir auf der „Spinnerbrücke“ ( Berliner Treffpunkt an der AVUS) das so beigebracht:
Kommt dir ein Mopedfahrer entgegen, kannst du ihn durch Handzeichen signalisieren, dass er keine Polizeikontrolle in seiner Fahrtrichtung zu befürchten hat.
Heute würde ich mich aber nicht mehr darauf verlassen!
Ein durchaus reizvoller Gedanke: Von Berlin aus erobert ein Handzeichen die ganze Welt.
Dann fand ich einen Artikel über den britischer Motorradrennfahrer Barry Sheene, der in den 1970er Jahren aktiv war. Der machte das „V-Zeichen“, wenn er während eines Rennens Konkurrenten überholte. Und auch, wenn er nach einem Sieg die Zuschauer grüßte. Dieser Gruß wurde von anderen Fahrern übernommen, so dass sich daraus nach und nach der heutige Motorradgruß entwickelte (siehe auch hier)
Der Motorradgruß heute
Heutzutage ist die Frage des Grüßens nicht immer einfach. WEN darf (oder soll) ich eigentlich grüßen? Ich fahre eine 650er Kawasaki. Soll ich damit Harley-Fahrer grüßen? Oder Gold-Wing-Fahrer? Und soll ich auch Rollerfahrer grüßen oder Fahrer von 125er Maschinen? Oder ist das uncool? BMW-Fahrer gelten insbesondere bei Fahrern von japanischen Modellen als arrogante und notorische Nicht-Grüßer. Soll ich trotzdem zuerst grüßen?
Die Gefahr, dass ich mich während der Fahrt mehr auf das richtige grüßen als auf die nächste Kurve konzentriere, ist scheinbar nicht ganz von der Hand zu weisen...
Gänzlich ungeklärt ist für mich auch die Frage, wie sich zwei Motorradfahrer auf der Autobahn grüßen. Meistens gar nicht, habe ich die Erfahrung gemacht. Aber manchmal winkt eben doch einer. Und bevor ich zurückwinken kann, ist er, husch, auch schon an mir vorbei. Auf der Autobahn geht das ja bekanntermaßen ein wenig schneller. Und auch, wenn ich dort einen anderen Motorradfahrer überhole oder er mich, bin ich ein wenig unsicher, ob und wie ich grüßen soll. Manch einer grüßt durch das Abspreizen des rechten Fußes, aber für mich sieht das eher so aus, als wolle er mich von der Fahrbahn kicken. Also lasse ich das und nicke ihm stattdessen kurz zu. Entweder hat er das zur Kenntnis genommen oder nicht.
...hat er jetzt gegrüßt oder nicht?!?
Die Zukunft des Motorradgrußes
Ich persönlich glaube zu beobachten, dass immer weniger gegrüßt wird. Nicht mehr jeder, der mir entgegen kommt, grüßt oder erwidert meinen Gruß. In den Kurven habe ich dafür ja durchaus Verständnis, denn Sicherheit geht definitiv vor. Aber auch auf geraden Strecken wird die Linke zum Gruß immer häufiger verweigert. Und das zieht sich, zumindest meiner Beobachtung nach, quer durch alle Modelle.
Ich habe online einen schönen Artikel dazu gefunden, den ich Dir hier verlinke: Vermisst: Wo ist der Bikergruss. Hier wird die aktuelle Situation ganz gut auf den Punkt gebracht, finde ich.
Mein Fazit
Ich glaube, der Gruß unter Motorradfahrern ist mehr als nur eine flüchtige Handbewegung. Er steht für Zusammenhalt, Respekt, Tradition und die gemeinsame Leidenschaft für das Fahren. In einer Welt, in der Verkehr immer hektischer und anonymer wird, bewahren Motorradfahrer mit diesem einfachen Gruß ein Gefühl von Verbundenheit, das sie als Gemeinschaft zusammenhält. Jeder Gruß erinnert daran, dass man nicht allein ist – egal, wo auf der Welt man unterwegs ist.
Und darum Grüße ich einfach weiter wie bisher die Motorradfahrer, die mir entgegenkommen. Auch auf die Gefahr hin, mal nicht zurückgegrüßt zu werden. Oder, ganz uncool, aus Versehen mal einen Rollerfahrer gegrüßt zu haben. Denn letztendlich ist ja auch der auf nur zwei Reifen unterwegs.
(Bildernachweis für die Fotos zwei und drei: https://pixabay.com/)
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Buchtipps
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Mein ABC der Motorradreise
Hier findest Du mein eigenes, ganz persönliches, absolut wertfreies, vollkommen subjektives und sowieso komplett unvollständiges
Von "A wie Autobahn" über "N wie Navigation" bis "Z wie Zuhause" - an dieser Stelle mache ich mir meine ganz eigenen Gedanken zu den einzelnen Buchstaben des Alphabets.
Viel Spaß beim „buchstabieren“.
Motorradsprüche
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Viel Spaß beim lesen.
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